Corona-Leaks: Bundesrat tut laut GPK zu wenig gegen Indiskretionen

Corona-Leaks: Bundesrat tut laut GPK zu wenig gegen Indiskretionen
Gesundheitsminister Alain Berset. (Screenshot)

Bern – Die zahlreichen Indiskretionen im Zusammenhang mit Covid-19-Geschäften können nicht direkt Gesundheitsminister Alain Berset angelastet werden. Jedoch habe er wie alle anderen Bundesratsmitglieder zu wenig gegen die Leaks unternommen. Zu diesem Schluss kommt die parlamentarische Oberaufsicht.

Die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat (GPK) veröffentlichten am Freitagabend ihren mit Spannung erwarteten Untersuchungsbericht zu den sogenannten Corona-Leaks. Eine Arbeitsgruppe hatte untersucht, zu wie vielen Indiskretionen es gekommen ist und dabei auf die Rolle von Bersets Innendepartement fokussiert. Der gesamte Bundesrat, ebenso der Bundeskanzler und mehrere Angestellte wurden befragt, weil es in allen Departementen zu Indiskretionen gekommen war.

Aufgrund der «sehr lückenhaften Quellenlage» hätten die Untersuchungsfragen jedoch nicht abschliessend beantwortet werden können, heisst es im Bericht. Offensichtlich wird aber das grosse Ausmass der Indiskretionen aus dem Bundesrat. Unter 500 untersuchten Artikeln von 24 Medientiteln basierten laut der GPK rund 200 sicher auf Indiskretionen. «Von 50 analysierten Sitzungen des Bundesrates waren 38 kontaminiert», sagte SVP-Nationalrat und GPK-Mitglied Thomas de Courten vor den Medien in Bern.

Indiskretionen nicht in Bersets Auftrag
Die Indiskretionen hätten zu einem Vertrauensverlust im Bundesrat geführt und hätten konkrete Auswirkungen auf dessen Beschlussfassung gehabt, halten die GPK fest. Verschiedene Medien hätten besonders häufig über «klassifizierte Informationen» verfügt und darüber berichtet. Die beiden grossen Medienhäuser Tamedia und Ringier haben laut de Courten am häufigsten über indiskrete Inhalte berichtet.

Marc Walder, CEO der Ringier AG, habe vom ehemaligen Kommunikationschef des Innendepartements, Peter Lauener, vertraulich klassifizierte Informationen erhalten, schreiben die GPK weiter. Die Auswertung der Medienberichterstattung habe aber «keine Hinweise auf die Verwendung der übermittelten Informationen in der Berichterstattung ergeben».

Berset wusste laut den GPK vom regelmässigen Kontakt zwischen Lauener und Walder. Es lägen jedoch keine Nachweise vor, wonach er über den konkreten Inhalt dieses Austausches informiert gewesen sei oder dass die Indiskretionen in seinem Auftrag erfolgt seien. Letztlich sei der Sachverhalt jedoch nicht abschliessend beurteilbar.

Jedoch ist es für die GPK nur beschränkt nachvollziehbar, dass Berset im Wissen um diese Kontakte und die zahlreichen und wiederholt auftretenden Indiskretionen zu Geschäften seines Departements keine spezifischen Massnahmen ergriffen hat. Gegenüber der GPK habe Berset betont, die Indiskretionen könnten unmöglich aus seinem Departement kommen.

Eine «gewisse Resignation» im Bundesrat
Klar sei, dass die Massnahmen gegen solchen Indiskretionen nicht gegriffen hätten, sagte de Courten. «Wenn Indiskretionen geschehen, muss dies auch aktiv im Bundesrat thematisiert werden.» Während der Corona-Krise habe im Bundesrat «eine gewisse Resignation» geherrscht. Keiner habe die Durchsetzungskraft gezeigt, um diese Indiskretionen zu unterbinden.

Auch in der jüngeren Vergangenheit habe es wieder Indiskretionen gegeben, schreiben die GPK. Aufgrund der von den Bundesräten betonten Nulltoleranz sei dies «erstaunlich».

Eine wichtige Massnahme im Kampf gegen Indiskretionen stellt aus Sicht der Kommissionen die konsequente Einreichung einer Strafanzeige wegen einer Amtsgeheimnisverletzung dar. Auch brauche es klarere Regeln für Hintergrundgespräche von Kommunikationsverantwortlichen mit Medienvertretern sowie für Debriefings der Bundesräte mit ihren Stabsmitarbeitenden. Insgesamt richten die GPK-N acht Empfehlungen an den Bundesrat.

EDI kritisiert Bericht als «einseitig»
Dieser muss bis Anfang Februar zum Bericht Stellung nehmen. Bereits am Freitagabend reagierte Bersets Innendepartement (EDI). Es hob unter anderem hervor, «dass die regelmässigen Kontakte zwischen dem EDI und dem CEO von Ringier in den Kontext von dessen Unterstützungsbereitschaft und entsprechende Projektideen gehörten». Auch sei das EDI das einzige Departement gewesen, das während der Pandemie zwei Strafanzeigen aufgrund Indiskretionen eingereicht habe.

Das EDI kritisiert den GPK-Bericht. Dieser fokussiere einseitig auf den ehemaligen Kommunikationschef des EDI. Der Bericht habe somit einen möglichen Einfluss auf das Strafverfahren und verletze damit potenziell das Prinzip der Gewaltenteilung. Damit werde die Vorverurteilung des ehemaligen Kommunikationschefs des EDI fortgeschrieben, ohne dass dies eingeordnet werde. (awp/mc/pg)

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