Bern – Die Neuansteckungen mit dem Coronavirus sinken entgegen vorgängiger Erwartungen der Task-Force des Bundes weiter. Einer der Gründe dafür sind nach Einschätzung der Experten die Fortschritte bei der Impfung. Nächste Öffnungsschritte dürften kurz bevorstehen.
«Alle wichtigen Zahlen gehen zurück trotz Öffnungsschritten», sagte Martin Ackermann, der Chef der wissenschaftlichen Covid-19-Task-Force des Bundes, vor den Bundeshausmedien in Bern. Die von der Task-Force im April berechnete Modellierung ging hingegen noch von steigenden Fallzahlen aus.
Gründe für die Fehleinschätzung könnten laut Task-Force das kalte und nasse Wetter, eine leichte Überschätzung der Infektionsrate der britischen Varianten und eine Überschätzung der Zunahme von potentiell infektiösen Kontakten nach den Lockerungen der Eindämmungsmassnahmen gewesen sein.
Die positive Entwicklung der Fallzahlen führt Ackermann vor allem auch auf die Impfungen zurück. Das illustrierte er im Vergleich der Inzidenzen in anderen Ländern, in denen viel geimpft wurde, etwa in Israel und den USA.
Infektionsrisiko sinkt auch für Nicht-Geimpfte
Die positive Dynamik in der Schweiz kann sich laut Ackermann im Verlauf des Sommers sogar noch verstärken. «Wenn immer mehr Menschen geimpft sind, nimmt das Infektionsrisiko auch für Nicht-Geimpfte ab», sagte Ackermann. Weitere Lockerungsschritte seien deshalb möglich.
Diese Einschätzung teilt auch der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri. Langsam könne das Land in bestimmten Kollektiven eine Lockerung der Maskenpflicht ins Auge fassen. Öffnungen und Lockerungen seien indessen nur schrittweise möglich, warnte er. Schutzmassnahmen und allgemeine Vorsicht seien weiterhin nötig, ein Verzicht auf sie wäre aktuell noch «hoch riskant».
Die Kantone könnten derzeit mehr Impfdosen verabreichen als sie erhielten, erklärte Hauri weiter. Nach der Zulassung der über 16-Jährigen zu den Impfungen hätten die Älteren allerdings nicht mehr Vorrang. Im Hinblick auf das Covid-Zertifikat warteten die Kantone auf grünes Licht vom Bund.
Impfwirkung auch gegen indische Variante
Laut Viriginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), wirkt die Impfung auch gegen die indische Variante des Coronavirus. Auch habe sich ergeben, dass die Impfungen gegen Übertragung schützen können. Zwei Wochen nach der zweiten Dosis trete der Impfschutz ein.
Die Risikogruppen seien weitgehend geimpft, erklärte Massarey. Der Infektionswert sei unter Null gesunken. Die Schweiz verfüge über genügend Impfdosen, um nach der Zulassung für deren Altersgruppe auch Kinder zu impfen.
Um die Impfbereitschaft der Bevölkerung weiter zu erhöhen, hat das BAG eine Informationskampagne unter dem Motto «Ein Herz für uns alle» gestartet. Nur wer gut informiert sei, könne eine selbstbestimmte Impfentscheidung fällen, sagte Adrian Kammer, Leiter Sektion Gesundheitsinformationen und Kampagnen beim BAG.
Informationskampagne für 1,5 Mio. Franken
Die Impfbereitschaft habe in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen, dies sei erfreulich. Und sie steige weiter, sagte Kammer. Damit rücke auch die Normalität, wie sie vor der Pandemie existierte, in grössere Nähe.
Die Impfinformationskampagne kostet 1,5 Millionen Franken, davon werden 80 Prozent in die Verbreitung und 20 Prozent in die Produktion investiert, wie Kammer präzisierte. Um weniger zugängliche Gruppen ebenfalls zu einer Coronavirus-Impfung zu bewegen, werden Elemente der BAG-Informationskampagne in 22 Sprachen übersetzt.
In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem BAG am Dienstag innerhalb von 24 Stunden 1240 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Gleichzeitig registrierte das BAG zehn neue Todesfälle und 71 Spitaleinweisungen.
Massentests an Primarschulen
Der Kanton Schaffhausen will die repetitiven Massentests auf weitere Schulstufen ausdehnen: Ab nächster Woche führt der Kanton ein zweiwöchiges Pilotprojekt in der Primarschule und im Kindergarten Dörflingen durch, wie er mitteilte.
Nach diesen zwei Wochen will der Kanton entscheiden, ob die Massentests auf alle Primarschulen und Kindergärten des Kantons ausgeweitet werden. Bereits regelmässige Corona-Massentests gibt es auf der Sekundarstufe I und II. Durch diese repetitiven Tests sollen Übertragungsketten frühzeitig erkannt und unterbrochen werden. (awp/mc/ps)