Clariant-Fusion mit Huntsman wird von Investoren ins Visier genommen
Muttenz – Der Chemiekonzern Clariant bekommt bei dem geplanten Zusammenschluss mit dem amerikanischen Konkurrenten Huntsman Gegenwind von Investorenseite. Ein Investmentfonds und ein Familienunternehmen wollen die Fusion verhindern. Die Börse reagiert mit deutlichen Avancen. Denn damit steige die Chance für eine Gegenofferte, heisst es am Markt.
Die opponierende White Tale Holding hält nach eigenen Angaben inzwischen 7,2% an Clariant und ist nicht etwa eine Nebenbuhlerin. Hinter White Tale steht das US-Familienunternehmen Standard Industries sowie der als aktivistisch geltende Hedgefonds Corvex Management, und sie wollen die Fusion schlicht verhindern.
Standard Industries ist der laut eigenen Angaben weltweit grösster Hersteller von Dachabdichtungen und seit 2016 in Clariant investiert. Um gegen den Huntsman-Deal zu mobilisieren, habe man das Know-How von Corvex mit an Bord geholt und die gemeinsame Tochter White Tale gegründet.
Der Fonds Corvex wird von Investor Keith Meister geführt, einem Profi im Geschäft der Unternehmensangriffe. Früher arbeitete Meister für den Investor Carl Icahn.
Angreifer könnte weiter ausbauen
«Ein weiterer Ausbau der Beteiligung ist nicht ausgeschlossen», sagte ein Sprecher von White Tale zu AWP. Diese hat ihren Anteil an Clariant offenbar innert Kürze aufgebaut. Zuletzt an die Schweizer Börse gemeldet wurde ein Anteil von 5,13%. «Wie mit all unseren Aktionären führen wir auch mit ihnen einen offenen Dialog», liess sich Clariant dazu vernehmen.
Mit einem Stimmenanteil von 7,2% ist White Tale kein Leichtgewicht. Denn die ausserordentliche Generalversammlung von Clariant, diese wird voraussichtlich im vierten Quartal abgehalten, muss den Deal mit einer Zweidrittelmehrheit der Aktienstimmen absegnen.
Laut Clariant-Sprecher Thijs Bouwens haben sich einige Aktionäre nach dem Angriff hinter das Unternehmen gestellt. «Von verschiedenen unserer eigene Aktionären haben wir bereits Support bekommen, darunter auch die ehemalige Süd-Chemie Aktionären mit 13,9% der Aktien», sagte Clariant-Sprecher Thijs Bouwens der Nachrichtenagentur sda.
Weiter grössere Aktionäre sind etwa Blackrock, der norwegische Staatsfonds Norges Bank und die holländische APG Asset Management.
Mangel an strategischen Gründen
Der im Mai angekündigten Fusion mangele es an strategischen Gründen, und Clariant solle sich daher nach Alternativen umsehen, so die Forderung von Corvex und Standard Industries. Denn die Fusion in der vorgeschlagenen Form bewerte die Clariant-Aktien zu tief – mit alternativen Transaktionen könne «weit mehr» Wert geschaffen werden.
Die geplante Fusion stelle zudem eine vollständige Umkehr der langjährigen Strategie von Clariant dar, sich zu einem reinen Spezialchemikalien-Anbieter zu entwickeln. Clariant werde mit Huntsman vor allem zu neuem Rohstoff- und Zwischengeschäft kommen, was den Gewinn verwässere und die Aktie mit einem grösseren Konglomeratsrabatt versehe.
Clariant-Aktionäre sollten daher die Transaktion ablehnen, so die Aufforderung. Danach sollte der Clariant-Verwaltungsrat andere strategische Optionen für das Unternehmen evaluieren. «Wir freuen uns darauf, konstruktiv mit dem Managementteam von Clariant zusammenzuarbeiten», heisst in dem Statement anschliessend.
Applaus von der Börse
Die Clariant-Aktien reagierten am Dienstag mit deutlichen Avancen von 3% am frühen Nachmittag. Der Zusammenschluss mit Huntsman ist bei den Anlegern ohnehin nie auf bedingungslose Gegenliebe gestossen, hiess es im Handel. Nach Meinung von Analysten ist die Fusion vor allem ein defensiver Schritt, um die Übernahme durch einen grossen Player zu verhindern.
Doch Clariant sei und bleibe das Übernahmeziel Nummer eins in der Branche. Und mit dem offenkundigen Widerstand im Aktionariat steige wieder die Chance für eine Gegenofferte, so Analysten. Kurzfristig könnte auch der mögliche Einstieg weiterer Finanzinvestoren die Kursentwicklung weiter treiben, ergänzten Händler. (awp/mc/upd/ps)