Am 13. Juni wird über das «Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie», kurz COVID-19-Gesetz, abgestimmt. Obschon das Gesetz eine unglückliche Vermischung nicht zusammenhängender Themen ist und auch die teilweise willkürlichen, unnützen und sogar schädlichen Massnahmen legitimiert, wird das Stimmvolk die Kröte schlucken. Sei es nur, um die Zahlungen an Geschädigte nicht noch länger hinauszuzögern und weil Ende 2021 fast alle im Gesetz definierten Massnahmen auslaufen.
Von Helmuth Fuchs
Die Initianten des Referendums haben einige wunde Punkte des Gesetzes identifiziert. Vor allem störend sind die teilweise willkürlichen Eingriffe in die Grundrechte, Zahlungen an von der Pandemie nicht betroffene, aber durch Lobbying gut vertretene Branchen wie diejenige der grossen Medienanbieter, deren nicht funktionierenden Geschäftsmodelle (Print und Online) mit Staatsgeldern gestützt und gegen unabhängige Konkurrenten verteidigt werden.
Um das Flickwerk doch noch über die Abstimmungshürde zu hieven, wird die Drohkulisse versiegender Zahlungen an die von den Massnahmen am meisten Betroffenen Menschen und Unternehmen aufgebaut. Bei einem Nein würde das aktuelle Gesetz am 25. September auslaufen und damit bestünde auch keine gesetzliche Grundlage mehr für die Weiterführung der Zahlungen.
Zahlungen könnten bei einem Nein eventuell weiterhin vorgenommen werden, Restaurantschliessungen ganz bestimmt
Das Parlament müsste bei einem Nein innerhalb von drei Monaten zusammen mit dem Bundesrat eine gesetzliche Grundlage für die nach dem 25. September noch nötigen Zahlungen schaffen. Kein Ding der Unmöglichkeit, da keine Partei die Notwendigkeit von Zahlungen an die von der Krise am meisten Betroffenen bestreitet.
Bliebe also noch der eigentliche Kern des COVID-19-Gesetzes, die Pandemiebekämpfung. Hier kann der Bundesrat auch ohne das COVID19-Gesetz die notwendigen Massnahmen treffen. Die Grundlage bietet das Epidemiegesetz. Alain Berset hat dies an der SP-Delegiertenversammlung auch unmissverständlich formuliert:
«Die Pandemie können wir ohne dieses Gesetz bekämpfen. Dazu haben wir das Epidemiengesetz. Aber um die Wirtschaftskrise zu bekämpfen und die Finanzhilfen so lange wie nötig weiterzuführen, dazu brauchen wir dieses Covid-19-Gesetz» Bundesrat Alain Berset, am Samstag 8.5.2021 an der SP-Delegiertenversammlung.
In der Stellungsnahme der Regierung tönt es schon fast ein wenig wie eine Drohung, wenn sie festhält, dass ein Nein zum Gesetz dem Bundesrat nicht die Möglichkeiten nähme, die Ausbreitung der Pandemie weiterhin mit Massnahmen zu bekämpfen, die sich auf das bestehende Epidemiengesetz stützen. Der Bundesrat könnte also weiterhin Läden und Restaurants schliessen oder Veranstaltungen verbieten, wenn es die epidemiologische Lage erfordert.
Die Zeit arbeiten lassen
Wenn man unter Berücksichtigung der besten Verwendung von Ressourcen und Energie die wichtigen Schauplätze für die zukünftige Entwicklung des Landes wählen muss, gehört das COVID-19-Gesetz kaum dazu. Fast alle Massnahmen sind zeitlich begrenzt bis zum 31.12.2021, Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung bis zum 31.12.2022. Primär geht es um die wirtschaftlichen Themen, alle epidemiologischen Massnahmen sind im Epidemiegesetz geregelt, welches dem Bundesrat über die «besondere» oder «aussergewöhnliche» Situation weitgehende Befugnisse einräumt.
Grosse Unternehmen haben von massiven Zahlungen schon profitiert, eine Verzögerung bei einem Nein würde vorwiegend kleine und Kleinst-Unternehmen treffen.
In einer zukünftigen Krise kann das Gesetz als Lehrstück dienen, wie sich ein Parlament nicht verhalten sollte, welche Themen und Massnahmen nicht in denselben Topf gehören.