Zürich – Die Einschätzung von Analysten mit Blick auf den Schweizer Konjunkturverlauf in den kommenden sechs Monaten bleibt im Juli getrübt. Mehrheitlich wird eine Verschlechterung der konjunkturellen Lage prognostiziert. Nur knapp ein Drittel der befragten Fachleute glaubt, dass die Talsohle erreicht ist.
Der am Mittwoch veröffentlichte CS-CFA-Society-Switzerland-Indikator, der die Erwartungen von Analysten misst, ist im Berichtsmonat zwar um 15,5 Punkte auf -57,2 Zähler gestiegen. Er bleibt damit aber weiterhin tief im negativen Bereich. Im Vormonat war er mit -72,7 Punkten auf den tiefsten Stand seit 2015 gefallen.
Optimistischer als für andere Länder
Insgesamt sind die Prognosen der Analysten für das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) seit April zwar merklich gefallen, schreibt die CS-CFA-Society weiter. Die Mehrheit der Befragten rechne sowohl für dieses als auch nächstes Jahr mit einem Plus von 1 bis 3 Prozent.
Konkret liegen die Durchschnittsprognosen bei 1,88 Prozent für 2022 (April: 2,29%) und 1,37 Prozent für 2023 (April: 1,73%). Die Schweiz ist damit laut den Analysten von einer Rezession noch weit entfernt
Pessimistischer als für die Schweiz sind die Analysten bezüglich der Aussichten für die USA und die Eurozone. Die erwartete Eintrübung des globalen Umfelds schlage sich auch im Exportausblick der Schweizer Unternehmen nieder. Die Exportdynamik dürfte sich damit im kommenden halben Jahr verschlechtern.
Stabiler Arbeitsmarkt, aber höhere Zinsen und Aktien
Anders als beim Frankenschock erwarten die Befragten noch keine markanten Auswirkungen auf die Beschäftigung in der Schweiz. Nur jeder fünfte Experte erwartet, dass die Arbeitslosenquote bis Jahresende steigt. Der Rest schätzt den Arbeitsmarkt als «robust» ein.
Steigen dürften laut den Analysten die Zinsen in der Schweiz, in Europa und in den USA, – und zwar sowohl am kurzen als auch am langen Ende. Dies zeige, dass die Analysten keine unmittelbare Rezessionsgefahr erkennen. Den Leitzins in der Schweiz sehen die Analysten in zwölf Monaten zwischen 0,5 und 1,0 Prozent.
Höhere Inflation
Obwohl die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Juni den Leitzins bereits überraschend deutlich erhöht und signalisiert hat, die Inflation entschieden zu bekämpfen, rechneten 60 Prozent der Finanzanalysten für das Jahr 2023 mit einer durchschnittlichen Inflation über dem Zielband der SNB («maximal 2 Prozent»).
Die Prognosen der mittelfristigen Inflationserwartungen für die Schweiz wurden sowohl für dieses als auch das nächste Jahr nach oben korrigiert. Durchschnittlich wird nun für 2022 mit einer Teuerung von 2,9 Prozent (April: 2,67%) und für 2023 mit 2,24 Prozent (April: 1,73%) gerechnet.
An der jüngsten monatlichen Umfrage der CFA Society Switzerland und der Credit Suisse, die zwischen dem 14. und 21. Juli durchgeführt wurde, nahmen 28 Experten aus der Schweizer Finanzbranche teil. (awp/mc/ps)