CS Monitor Schweiz: Standortvorteile wahren
Zürich – Die Ökonomen der Credit Suisse haben heute die Sommerausgabe 2014 des «Monitor Schweiz» veröffentlicht. In der quartalsweise erscheinenden Publikation kommentieren und prognostizieren sie die wichtigsten Entwicklungen in der Schweiz und beleuchten auch das globale Umfeld. Die Wachstumsprognosen für 2014 und 2015 belassen sie unverändert bei 2,0% bzw. 1,8%. Während die Erholung der Exportwirtschaft weiter andauert, verliert die Binnenwirtschaft etwas an Schwung. Dies ist unter anderem darauf zurück zu führen, dass eine hohe Unsicherheit im wirtschaftspolitischen Kontext die Investitionstätigkeit hierzulande hemmt. Die Ökonomen der Credit Suisse zeigen weiter auf, welche Branchen in der Schweiz bei einer restriktiven Umsetzung der Initiative zur «Masseneinwanderung» primär betroffen wären und weisen auf die Gefahr hin, dass ohne rasche Deblockierung der Aussen- und Steuerpolitik die Schweiz wichtige Trümpfe im Standortwettbewerb um ausländische Direktinvestitionen verliert. Hinsichtlich der Geldpolitik der Schweizer Nationalbank (SNB) gehen die Studienautoren davon aus, dass die SNB am Mindestkurs festhalten wird und Negativzinsen sehr unwahrscheinlich sind. Sie legen auch dar, dass ein Grossteil der Devisenreserven der SNB mit einem «Staatsfonds» vergleichbar ist.
Die Schweiz rangiert an zehnter Stelle der Investitionsempfänger weltweit. Jeder zehnte Arbeitsplatz hierzulande ist Direktinvestitionen aus dem Ausland zu verdanken. Die Ökonomen der Credit Suisse haben die Schlüsselfaktoren für die Standortattraktivität mittels einer Analyse von 245 bilateralen Investitionsbeziehungen zwischen 19 Ländern identifiziert. Die Analyse zeigt, dass der wichtigste Erklärungsfaktor der Standortattraktivität eines Landes für Direktinvestitionen die attraktive Besteuerung von Unternehmen ist. Da dies auch für die Schweiz gilt, weisen die Studienautoren darauf hin, dass eine baldige, sinnvolle Unternehmenssteuerreform III von zentraler Bedeutung ist. Bezüglich politischer und rechtlicher Stabilität, einem im internationalen Wettbewerb um Direktinvestitionen ebenfalls wichtigen Faktor, schneidet die Schweiz weiterhin sehr gut ab. Die geografische und kulturelle Nähe zu Investoren und der im Vergleich zu Nicht-EU-Ländern privilegierte Marktzugang zur EU ist dem Investitionsstandort Schweiz ebenfalls förderlich. In diesem Zusammenhang gibt deshalb die Annahme der Volksinitiative «gegen Masseneinwanderung» vom 9. Februar 2014 und eine damit verbundene allfällige Einschränkung des freien Marktzugangs zum grössten Wirtschaftspartner Anlass zur Sorge.
Unsicherheit hemmt Investitionen in der Schweiz
Die Unsicherheit im wirtschaftspolitischen Kontext ist derzeit ausgesprochen hoch. Dies zeigt der von den Ökonomen der Credit Suisse für die Schweiz erstellte «Unsicherheitsindex». Dieser Index, der die Anzahl Nennungen von «Unsicherheit» im wirtschafts- und geldpolitischen Kontext in Schweizer Medien zählt, hat im Februar den mit Abstand höchsten Stand seit Beginn der Messreihe im Jahr 2000 erreicht. Während der negative Einfluss der politischen Unsicherheit auf die Investitionen aus dem Ausland in der kurzen Frist nicht quantifizierbar ist, ist der Zusammenhang zwischen dem Unsicherheitsindex und den gesamten Ausrüstungsinvestitionen in der Schweiz statistisch signifikant. Ein Anstieg des Unsicherheitsindexes um 1% geht mit einer durchschnittlichen Verringerung der Ausrüstungsinvestitionen um rund CHF 30 Mio. im entsprechenden Jahr einher.
Restriktive Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative trifft Branchen unterschiedlich
Nimmt man die Vergangenheit als Massstab, würde eine Verknappung des Arbeitsangebots durch Kontingentierung das Gastgewerbe sowie die IT- und Beratungsbranche am stärksten treffen. Von einer Abschwächung des Konsumwachstums wären zudem das Gesundheits- und Sozialwesen sowie das Immobilienwesen am stärksten betroffen, während sich allfällige Marktzugangsbeschränkungen am Negativsten auf traditionelle Industriebranchen wie die Metall-, Holz- und Papierindustrie auswirken würden.
Optimierung des Schweizer «Staatsfonds»
Die SNB hat während der Finanz- und Eurokrise enorme Fremdwährungsreserven aufgebaut. Die Ökonomen der Credit Suisse legen dar, dass diese mittlerweile um mindestens CHF 300 Mia. das Niveau übersteigen, welches aus geldpolitischer Sicht notwendig ist. Diese «überschüssigen» Reserven sind deshalb mit einem Staatsfonds vergleichbar. Eine Simulation der Studienautoren auf Basis der Kapitalmarkt-Annahmen der Credit Suisse für die nächsten fünf Jahre hat gezeigt, dass die durchschnittlich erwarteten Erträge von 2% auf bis zu 7% steigen, würde die SNB eine stärker an gängigen Staatsfonds ausgerichtete Anlagestrategie fahren. Gleichzeitig würden aber auch die Schwankungen der Erträge zunehmen, weshalb die Ökonomen der Credit Suisse darauf hinweisen, dass die Wünsche nach regelmässigen Ausschüttungen von Bund und Kantonen in beiden Fällen kaum erfüllt werden können.
Wofür die Kantone ihr Geld ausgeben
Die Kantone geben heute pro Einwohner knapp 30% mehr aus als 1990. Waren es damals noch (inflationsbereinigte) CHF 8’000, sind es aktuell CHF 10’300. Wichtigste Treiber dieses Wachstums sind die um über ein Drittel höheren Bildungsausgaben und die doppelt so hohen Ausgaben für die soziale Sicherheit. Auch das Gesundheitswesen ist ein gewichtiger Ausgabentreiber. Sowohl Höhe als auch Art der Ausgaben unterscheiden sich zwischen den Kantonen massiv. Der Kanton Genf gibt mit netto rund CHF 15’000 pro Einwohner 2,3-mal mehr aus als der Kanton Appenzell Innerrhoden. Teilweise werden die Ausgaben der Kantone durch Transfers indirekt von anderen Landesteilen getragen, gleichwohl sind die Ausgabenstrukturen stark unterschiedlich. Die Effizienz der staatlichen Leistungserbringung kann aus einer Betrachtung der Ausgaben zwar nur bedingt abgeleitet werden. Doch sagt die Ausgabenstruktur eines Kantons einiges aus über dessen politische Prozesse und Präferenzen sowie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Unterschiedliche Facetten der Schweizer Wirtschaft in einer Publikation
Die aktuelle Ausgabe des Monitor Schweiz zeigt zudem eine Übersicht über die globalen Konjunkturaussichten der Credit Suisse, kommentiert die jüngsten Entwicklungen im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU und skizziert mögliche Szenarien, wie es weitergehen könnte. Kurzanalysen zum Immobilienmarkt und der Branchenkonjunktur runden den Monitor Schweiz ab.
Der Monitor Schweiz wird quartalsweise publiziert. Die nächste Ausgabe erscheint am 9. September 2014.
Die Publikation «Monitor Schweiz» ist im Internet in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar unter: www.credit-suisse.com/research. (Credit Suisse/mc/ps)