dacadoo-CEO und Gründer Peter Ohnemus. (Foto: dacadoo)
Zürich – Ärzte bewegen sich noch weitgehend in einer analogen Welt. Der einstige Fantastic-CEO Peter Ohnemus will mit dacadoo neue Standards schaffen. Sein Credo: Wer gesünder lebt, soll weniger zahlen.
Von Mark Baer, Leodan
Heute haben wir unsere Mails dank Smartphones und -watches jederzeit im Griff. Moderne Zeitgenossen können mit ihrem Handy oder dem Tablet von überall auf der Welt auch ihre Waschmaschine oder die Rollläden zu Hause steuern. Und wenn es nach Peter Ohnemus geht, werden wir alle bald auch unsere Gesundheit stets und in Echtzeit voll im Griff haben.
Echtzeitübersicht über den momentanen Gesundheitszustand
Möglich machen soll dies die Schweizer Gesundheitsplattform dacadoo, und zwar mithilfe ihres sogenannten Gesundheitsindex. Dieser soll eine Echtzeitübersicht über den momentanen Gesundheitszustand einer Person geben. Der Gesundheitsindex von dacadoo ist eine wissenschaftlich berechnete Zahl zwischen 1 (tief) und 1000 (hoch) und basiert darauf, in welcher Verfassung sich der Körper des angemeldeten Mitglieds befindet, wie sich die Person gerade fühlt und was sie für einen Lebensstil pflegt. Mit der Zeit erhält man so laut dem Start-up einen guten Indikator seiner momentanen Gesundheit.
Der Chef selber spricht im Zusammenhang mit seinem Unternehmen von einem Lifestyle- und Navigationsportal. «Die dacadoo-Plattform ist mit ihrem Gesundheitsindex weltweit einzigartig», so Peter Ohnemus gegenüber Leodan. Der Gesundheitsindex sei überall auf der Welt patentiert und basiere auf weit über 100 Millionen Menschenjahren an klinischen Daten. «Der dacadoo-Gesundheitsindex ermöglicht Ihnen, Ihre Gesundheit auf Ihrem mobilen Telefon zu verfolgen und sich mit Familie, Freunden oder Arbeitskollegen auf eine motivierende Art und Weise zu messen», erklärt Ohnemus.
Schweiz als hartes E-Health-Pflaster
Einfach umzusetzen sind die Pläne von Peter Ohnemus aber nicht. Das Sammeln und Auswerten von Gesundheitsdaten ist gerade hierzulande ein sehr schwieriges Thema. Herr und Frau Schweizer tun sich allgemein schwer mit der Digitalisierung und dem Preisgeben von irgendwelchen persönlichen Daten. So werden bei uns auch Kreditkarten immer noch sehr zurückhaltend eingesetzt (Leodan berichtete darüber). Dass die Schweizerinnen und Schweizer in diesem Bereich vorsichtig sind, liege in unserer Natur. Ohnemus weist diesbezüglich auf das Bankgeheimnis und die Intransparenz bei den Löhnen hin. «Ich finde das ok, weshalb wir bei dacadoo sehr grossen Wert auf die Privatsphäre gelegt haben.»
«Wir betreiben die grösste Industrie der Welt, ohne ein digitales Outcome zu haben.» Peter Ohnemus, CEO dacadoo
Schub dürfte dacadoo bekommen, sobald es Ohnemus gelingt, auch Schweizer Krankenkassen als Kunden zu gewinnen. «Die Krankenkassen sind hierzulande leider sehr konservativ unterwegs. Aber wir sind sicher, dass sie innerhalb der nächsten 12 bis 24 Monate auch digital werden», so die Prognose des dacadoo-CEOs.
Die Sorge über den explosionsartigen Anstieg der Kosten im Gesundheitswesen gab Peter Ohnemus damals übrigens den Anstoss zu seinem Start-up. «Wir betreiben die grösste Industrie der Welt, ohne ein digitales Outcome zu haben.» Heute funktioniere die Gesundheitsindustrie zu 95 Prozent noch immer analog. Doch die Effizienz und das Kostenbewusstsein würden zunehmen. «Irgendwann braucht der Konsument dann ein Instrument, wie er seine Gesundheit messen kann. Und genau dann kommt dacadoo ins Spiel.»
Anstieg der Krankenkassenprämien und Einkommen divergieren zu stark
Peter Ohnemus ist überzeugt, dass Krankenkassen all diejenigen Versicherten, die vermehrt zu sich schauen und somit weniger krank sind, in Zukunft immer belohnen werden. «Das obligatorische Krankenkassensystem wird bald mal pleitegehen.» Wenn Herr und Frau Schweizer jeweils ein Prozent mehr verdienen pro Jahr, die Krankenkassenprämien aber um vier bis acht Prozent steigen, sei es nur eine logische Frage der Zeit, bis die Leute dies nicht mehr mitmachen wollen beziehungsweise mitmachen können.
Der Name Ohnemus dürfte den meisten noch im Zusammenhang mit der Softwarefirma Fantastic ein Begriff sein. Der heute 50-jährige Peter Ohnemus war um die Jahrtausendwende wegen seines Techunternehmens in aller Munde. Fantastic erreichte 1999 an der Börse einen Wert von 10 Milliarden Franken. Dann kam der grosse Knall, die Technologieblase zerbarst und mit ihr auch die Softwareschmiede Fantastic…