Das Wie des Ausbaus erneuerbarer Energien bleibt umstritten

CKW

CKW-Windrad auf der Anhöhe Lutersarni. (Foto: CKW)

Bern – Die Räte kämpfen weiterhin mit dem Dilemma, den Ausbau von einheimischer Wasser-, Solar- und Windkraft voranzutreiben, ohne den Umweltschutz zu stark einzuschränken. National- und Ständerat kommen sich zwar näher. Ob die Vorlage am Schluss mehrheitsfähig ist, bleibt aber fraglich.

Weitgehender Konsens herrscht im Parlament darüber, dass der Ausbau erneuerbarer Energieprojekte hierzulande rascher vonstattengehen soll. Dazu dient der sogenannte Beschleunigungserlass, den das Parlament seit über einem Jahr diskutiert.

Bei der Vorlage gibt es aber gewichtige Differenzen. Drei Fragen stehen im Fokus, wie Kommissionssprecherin Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP/SG) am Dienstag im Nationalrat ausführte. Soll es Projektverantwortlichen von Ausbauten ermöglicht werden, anstelle von ökologischen Ersatzmassnahmen eine Ersatzabgabe zu leisten? Inwieweit soll den Gemeinden ein Vetorecht zukommen? Und wie stark soll das Verbandsbeschwerderecht eingeschränkt werden?

Verbandsbeschwerden einschränken
Die grosse Kammer beschloss, Verbandsbeschwerden gegen die 16 vom Volk im Energie-Mantelerlass gutgeheissenen Wasserkraftprojekte und auch gegen weitere Projekte von nationaler Bedeutung zum Ausbau der Wasser-, Solar- und Windkraft einzuschränken. Sie ging damit weiter als bei ihrer ersten Beratung der Vorlage im Dezember 2023 und spurte auf die Linie des Ständerats ein, auch wenn Differenzen bestehen bleiben.

Konkret sollen Verbandsbeschwerden gegen Projekte nur noch zulässig sein, wenn drei Organisationen sie gemeinsam erheben. Damit will der Nationalrat sicherstellen, dass Projekte von nationalem Interesse nur dann vor Gericht verhandelt werden, wenn sie auf breiten Widerstand stossen.

Das sei nötig, wenn der Ausbau erneuerbarer Energien schneller gehen solle, sagte Christian Wasserfallen (FDP/BE). «Wir wollen eine Beschleunigungsvorlage, die einen Effekt erzielt.» Es müsse endlich etwas geschehen, und zwar schnell.

Ersatzzahlungen statt -massnahmen
Zu diesem Zweck will der Nationalrat auch die heute verbindlichen Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen für geschützte Lebensräume flexibilisieren. Dem Bau der 16 geplanten Wasserkraftprojekte zum Opfer fallende Schutzgebiete sollen nicht mehr zwingend ersetzt werden müssen.

Es soll stattdessen möglich sein, die Umsetzung dieser Massnahmen und der zusätzlichen Ausgleichsmassnahmen vom Bauprojekt zu trennen, wenn die Verantwortlichen beim Kanton eine Sicherheitszahlung leisten. Dies beschloss die grosse Kammer mit 107 zu 91 Stimmen.

Bei der Frage der Mitbestimmung der Standortgemeinden von solchen Projekten schloss sich der Nationalrat im Grundsatz dem Ständerat an: Die Gemeinden sollen mitbestimmen können, solange die Kantone in ihrer Gesetzgebung nichts anderes vorsehen.

Ablehnung auf breiter Front
Für die links-grüne Minderheit im Parlament sind mit der Einschränkung der Beschwerderechte und der Streichung der Ersatzmassnahmen gleich mehrere rote Linien überschritten. Effiziente Verfahren seien grundsätzlich zu begrüssen, jedoch nicht auf Kosten der Umwelt, sagte Jon Pult (SP/GR). Es müsse weiterhin möglich sein, kritische Umweltfragen durch Gerichte überprüfen zu lassen.

Die Grünen drohten bereits im Vorfeld der Nationalratsdebatte mit dem Referendum, falls dem Umweltschutz in der Vorlage zu wenig Beachtung geschenkt werde. Auch Umwelt- und Energieminister Albert Rösti warnte vergeblich davor, die ökologischen Ersatzmassnahmen anzutasten. «Sonst fällt der Beschleunigungserlass in sich zusammen.»

Tatsächlich ist es fraglich, ob die Vorlage die parlamentarische Hürde nehmen wird. Neben der Kritik von links-grünen Kreisen ist auch die SVP skeptisch. Sie bezeichnet die Energiewende generell als gescheitert und könnte den Beschleunigungserlass in der Schlussabstimmung ebenfalls ablehnen.

Rösti besorgt über Blockadepolitik
Bis es so weit ist, muss die Vorlage noch bereinigt werden. Als Nächstes ist wieder der Ständerat am Zug. Priska Wismer-Felder (Mitte/LU) gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass dieser noch einmal einen Kompromiss ausarbeite, der mehrheitsfähig sei.

«Den Verzicht auf die Ersatzabgabe müssen wir verhindern», sagte auch Martin Bäumle (GLP/ZH). Sonst drohe die Gefahr eines Scheiterns der ganzen Vorlage. Zusammenarbeit sei die Lösung.

Bundesrat Rösti zeigte sich jedoch wenig optimistisch: «Wenn ich Ihre Debatte höre, dann mache ich mir schon Sorgen um die langfristige Stromversorgung», sagte er. Er hoffe aber trotzdem, dass die jahrelange Blockadepolitik bald ihr Ende finde. (awp/mc/ps)

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