GLP-Präsident Martin Bäumle. (Foto: parlament.ch)
Bern – Die Grünliberalen haben mit ihrer ersten Volksinitiative eine Niederlage historischen Ausmasses kassiert. 92% der Stimmenden legten ein Nein in die Urne. Trotz des deutlichen Resultats geht die Diskussion aber weiter: Der Bundesrat plant eine Reform, welche die Energie ebenfalls verteuern würde.
Ob die bundesrätlichen Pläne zu überzeugen vermögen, wird sich zeigen. Die Idee der Grünliberalen für eine ökologische Steuerreform war jedenfalls chancenlos: 2’010’000 Personen stimmten am Sonntag Nein, 175’800 Ja. Schlechter hat bislang nur eine einzige Initiative abgeschnitten, die Volksinitiative «Getreideversorgung» im Jahr 1929. Seit Einführung des Frauenstimmrechts 1971 ist es gar das schlechteste Resultat.
Ein Scheitern hatte sich zwar abgezeichnet, aber nicht ein so dramatisches. Nun liegt die Zustimmung bei lediglich 8% – für die Grünliberalen im Wahljahr eine bittere Niederlage: Die Partei hatte sich vom Volksbegehren eigentlich Auftrieb für die Wahlen erhofft.
Mindestens 33 Gemeinden sagen zu 100% Nein
Das beste Resultat erzielte die Initiative im Kanton Basel-Stadt. Auch dort sagten aber nur 14% der Stimmenden Ja. In Schaffhausen und Zürich waren es knapp 11%. In allen anderen Kantonen lag die Zustimmung unter 10%.
Für einmal gab es also weder einen Sprach- noch einen Stadt-Land-Graben – die Stimmenden in allen Landesteilen waren sich so einig wie selten. In mindestens 33 Schweizer Gemeinden gab es 100% Nein: Kein einziger Stimmberechtigter legte dort ein Ja zur Energiesteuer in die Urne.
«Riesenenttäuschung»
Der Präsident der Grünliberalen, Martin Bäumle, sprach von einer «Riesenenttäuschung». Die Initiative sei als zu radikal beurteilt worden, sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Einen Grund für das deutliche Nein sieht Bäumle darin, dass die Initiative die Abschaffung der Mehrwertsteuer verlangte.
Auch die momentane Verunsicherung wegen der Frankenstärke habe eine Rolle gespielt. Dass die GLP wegen der Schlappe geschwächt in die eidgenössischen Wahlen im Herbst geht, glaubt Bäumle jedoch nicht.
Unterstützung hatten die Grünliberalen für ihre erste Volksinitiative nur von den Grünen erhalten. Hätten Volk und Stände Ja gesagt, hätte die Mehrwertsteuer abgeschafft und durch eine Steuer auf der Produktion und der Einfuhr von Erdöl, Gas, Kohle und Uran ersetzt werden müssen.
SVP fordert Denkpause
Von den Parteien kündigte einzig die SVP bereits am Sonntag Opposition gegen die bundesrätlichen Pläne an. Zusätzliche Abgaben seien nicht mehrheitsfähig, sagte SVP-Nationalrat Albert Rösti (BE). Der Bundesrat müsse nun bei der Energiewende eine Denkpause einlegen.
Die SP hingegen betonte, das Nein zur GLP-Initiative sei «kein Nein zu einer vernünftig ausgestalteten Energiesteuer». CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO) forderte, die Pläne des Bundesrats dürften nicht zu radikal sein. Der Genfer FDP-Nationalrat Hugues Hiltpold sagte, statt auf Strafen und Zwang müsse man auf Anreize setzen, um erneuerbare Energien zu fördern.
Skeptisch gegenüber den Plänen des Bundesrats zeigte sich Peter Hegglin, Präsident der kantonalen Finanzdirektoren (FDK): «Das Steuerrecht soll meiner Ansicht nach nicht für alle gesellschaftspolitischen Ziele gebraucht werden.» Die Einführung eines Energielenkungssystems werde nicht einfacher nach dem Entscheid vom Sonntag, prognostizierte er. (awp/mc/upd/ps)