Zürich – Für die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) wird die Lage zunehmend ungemütlich. Die Bestellungen sind im zweiten Quartal regelrecht eingebrochen.
Die Stichworte sind bekannt: Handelskrieg, Brexit, Schuldenkrise. Die MEM-Industrie bekommt diesen eiskalten Gegenwind nun zu spüren. Nachdem im ersten Quartal ein noch vergleichsweises moderates Auftragsminus von 5,1 Prozent resultiert hatte, stürzte der Bestellungseingang im zweiten Quartal dann um beinahe 20 Prozent ab. Für das Halbjahr bedeutet dies insgesamt einen Taucher von 12,5 Prozent.
Etwas weniger schlimm sieht die Lage bislang bei den Umsätzen aus, weil die Unternehmen noch von den vielen Aufträgen im Vorjahr und einem entsprechend hohen Auftragsbestand zehren. Auf das Semester gesehen reduzierten sich die Umsätze denn auch lediglich um 1,9 Prozent. Aber auch hier ergab sich vom ersten Quartal zum zweiten eine Verschlechterung.
«Die jüngste Entwicklung gibt Anlass zu grosser Sorge», sagte Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher an der Halbjahreskonferenz des Verbandes am Mittwoch in Zürich in Bezug auf den Bestellungseingang. Als dramatisch wollte er die Situation angesichts des insgesamt noch relativ hohen Niveaus in absoluten Zahlen beim Auftragseingang und Umsatz in der MEM-Industrie allerdings nicht bezeichnen. Der Trend zeige allerdings «klar abwärts».
Keine Trendumkehr in Sicht
Bauchschmerzen bereitet dem Branchenverband vor allem die Entwicklung der Konjunktur im benachbarten Ausland, insbesondere im wichtigen Absatzmarkt Deutschland. Die deutsche Industrie und die ganze deutsche Volkswirtschaft befänden sich in einer rezessiven Phase, und in vielen anderen EU-Staaten sehe es nicht viel besser aus. Aber auch global gesehen präsentiert sich die Lage alles andere als rosig, hiess es.
Dazu kommen die politischen Unsicherheiten, die zuletzt wieder für eine Aufwertung des Frankens gesorgt haben. Diese wiederum wirkt sich schnell auf die Profitabilität und damit indirekt auch auf die Innovationsfähigkeit der Unternehmen aus. Für Swissmem-Präsident Hans Hess ist diesbezüglich bereits beim aktuellen Euro-Franken-Kurs von gut 1,08 Franken «die Schmerzgrenze erreicht».
Eine schnelle Trendumkehr zeichnet sich angesichts der schwierigen Lage allerdings nicht ab. Im Gegenteil: Swissmem geht davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden Monaten noch weiter zurückgehen wird. Sofern es nicht zu grösseren politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen komme, sei für die nächsten zwölf Monate «eine Stabilisierung auf tieferem Niveau das bestmögliche Szenario», lautete das pessimistische Fazit.
Mittelfristig wird sich der Einbruch beim Auftragseingang zudem auch auf die Beschäftigungssituation auswirken. Laut Swissmem haben denn auch einzelne Firmen bereits Kurzarbeit oder einen Stellenabbau beschlossen.
EU-Rahmenabkommen zentral
Angesichts des massiven Einbruchs der Bestellungen im zweiten Quartal präsentierte der Verband einen Forderungskatalog an die Adresse der Politik. Ganz oben steht dabei der Abschluss des Rahmenabkommens mit der EU. Dieses müsse noch vor Ende Oktober 2019 abgeschlossen werden, forderte Hess.
Dieses garantiere den «nahezu hindernisfreien Zugang zum wichtigsten Absatzmarkt». Als zweiter aussenpolitischer Punkt folgt der Ruf nach einer raschen Ratifizierung der Freihandelsabkommen mit Indonesien und dem Mercosur. Zudem müsse die Chance auf ein entsprechendes Abkommen mit den USA genutzt werden. (awp/mc/pg)