Der Übernahmestreit um Sika ist beendet

Der Übernahmestreit um Sika ist beendet
(Foto: Sika)

Zürich – Einer der grössten Übernahmekämpfe in der Schweiz der letzten Jahre geht zu Ende. Der Zuger Bauchemiekonzern Sika bleibt unabhängig. Darauf hat sich die Sika-Spitze mit den Familienerben und dem Konzern Saint-Gobain geeinigt. Mit dem Ende der Unsicherheit will Sika nun noch mehr Gas geben und schneller wachsen.

In einem komplexen Deal übernimmt Saint-Gobain die Aktien der Familie Burkard und verkauft ein Teil davon an Sika weiter. Dabei wird der französische Konzern mit einem Anteil von knapp 11 Prozent zum grössten Aktionär von Sika – aber ohne die Kontrolle zu übernehmen.

«Wir sind alle sehr glücklich», sagte Sika-Verwaltungsratspräsident Paul Hälg am Freitag an einer Investoren- und Medienkonferenz in Zürich. «Nun können wir uns wieder voll auf das Geschäft fokussieren», ergänzte Sika-Chef Paul Schuler.

Beschleunigtes Wachstum
Mit dieser Einigung könne Sika nun schneller wachsen und unter anderem auch Übernahmeziele weiterverfolgen, die auf Eis hätten gelegt werden müssen. Die Firmen-Spitze will sich deshalb bereits im kommenden Jahr – ein Jahr früher als geplant – neue Ziele stecken.

Genau das starke und profitable Wachstum von Sika hat auch dazu beigetragen, den Konflikt zu lösen. Denn dieses hat den Aktienkurs in den letzten dreieinhalb Jahren stark angetrieben. Die gestiegene Notierung habe diverse Möglichkeiten eröffnet, sagte Saint-Gobain-Chef Pierre André de Chalendar in einer Telefonkonferenz.

Hälg sieht zudem in der Zeit noch einen weiteren Faktor, weshalb eine Einigung nun zustande kam. Denn ein allfälliger Bundesgerichtsentscheid wäre wohl nicht vor Ablauf des Kaufvertrags Ende Jahr gefallen, sagte der Sika-Verwaltungsratschef im Interview mit AWP-Video.

«Alle gehen als Gewinner vom Platz»
Dieser Tage wurde erst das Berufungsurteil des Obergerichts Zug erwartet. Die Parteien beenden nun alle Gerichtsverfahren.

Mit der getroffenen Einigung gingen nun alle als Gewinner vom Platz, sagte Hälg weiter. Durch den Deal macht Saint-Gobain unter dem Strich einen Gewinn von 600 Millionen Euro. Die Familie erhält ihrerseits über eine halbe Milliarde Franken mehr als im ursprünglichen Kaufvertrag abgemacht. Und Sika kann unabhängig bleiben. Die Einigung freute auch die Anleger: Der Sika-Aktienkurs schoss bis Mittag um rund 9 Prozent in die Höhe auf 8155 Franken.

Ob Saint-Gobain zu späterem Zeitpunkt einen erneuten Anlauf zur Übernahme von Sika nimmt, oder die Anteile verkaufen wird, bleibt offen. «Ich schliesse nichts aus, alle Optionen sind offen», sagte de Chalendar. Die beiden Konzerne wollen ihre Zusammenarbeit jedenfalls vertiefen.

Einheitsaktie kommt
Weiter ist jetzt der Weg frei für die Einheitsaktie. Das Zuger Unternehmen beruft deshalb für den 11. Juni eine ausserordentliche Generalversammlung ein.

Die privilegierten Stimmrechtsaktien haben eine wichtige Rolle in diesem Übernahmekampf gespielt, genau wie die Stimmrechtsbeschränkung und die sogenannte Opting-Out-Klausel. Letztere verhindert, dass ein Käufer der Stimmenmehrheit auch den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot unterbreiten muss. Solche Strukturen sind bei Schweizer Familienunternehmen nicht unüblich. Allerdings hat der Streit um Sika viele Firmen dazu bewogen, diese zu überdenken.

Durch diese war es erst möglich, dass Saint-Gobain mit einem Kapitalanteil von gerade mal rund 17 Prozent die Kontrolle über Sika hätte übernehmen können. Denn die Familienerben kontrollierten mit diesen Aktien 53 Prozent der Stimmen. Den Verkauf ihrer Titel an Saint-Gobain hatten sie im Dezember 2014 angekündigt. Die Minderheitsaktionäre wehrten sich mit vereinten Kräften gegen diesen Deal – sie wären nämlich leer ausgegangen.

Nicht nur die Minderheitsaktionäre, sondern insbesondere auch Verwaltungsrat und Management stemmten sich gegen den Verkauf. Der Verwaltungsrat griff deshalb zum Mittel der Vinkulierung und beschränkte die Stimmrechte der Familie in entscheidenden Punkten, sodass die Übernahme blockiert war. Der juristische Streit drehte sich vor allem um die Frage, ob diese Vinkulierung rechtens war.

Für Sika hat sich der Kampf letztlich gelohnt. Den Preis von fast 800 Millionen Franken, den Sika für die knapp 7 Prozent von Saint Gobain übernommenen Aktien und damit quasi als Prämie für die Unabhängigkeit bezahlt, könne sich Sika leisten, sagte Hälg. Die Gesellschaft habe damit immer noch eine starke Bilanz. (awp/mc/pg)

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