Metzgerei-Bedienungsabteilung in einer Coop-Filiale. (Bild: Coop)
Bern – Die Schweizer Detailhändler reagieren auf Quälereivorwürfe: Sie haben Produkte aus Pferdefleisch aus dem Sortiment genommen. Einzig die Migros hält an Fleisch aus Kanada fest. Das BVET prüft nun die Herkunft der «Kassensturz»-Bilder und sucht Kontakt zu Importeuren. Gemäss Recherchen des Tierschutzbunds Zürich stammt importiertes Pferdefleisch aus den USA, Kanada, Mexiko und Argentinien aus tierquälerischer Produktion. Die SRF-Sendung «Kassensturz» zeigte am Dienstagabend entsprechende Aufnahmen der Tierschützer.
Die Schweizer Detailhändler haben bereits vergangene Woche von den Vorwürfen erfahren – und reagiert: Coop, Volg, Spar, Denner, Aldi und Lidl haben ihre Pferdefleischprodukte wie Steaks und Mostbröckli aus dem Sortiment genommen. Dies sagten ihre Medienverantwortlichen am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Unternehmen wollen so lange kein Pferdefleisch mehr verkaufen, bis die Vorwürfe geklärt sind. Bei Coop handelt es sich laut Sprecher Ramón Gander um Charcuterie-Produkte, die zurückgezogen wurden. Die Enthüllungen der Tierschützer hätten Coop «betroffen gemacht und schockiert», sagte er. Das Pferdefrischfleisch stamme jedoch ausnahmslos aus Frankreich und Polen und werde deshalb weiter verkauft.
Migros: Fleisch von Bouvry
In der Kritik der Tierschützer steht auch die Migros. Sie bezieht Pferdefleisch unter anderem vom kanadischen Mast- und Schlachtbetrieb Bouvry, dem tierschutzwidrige und quälerische Haltung vorgeworfen wird. Die Migros war «erstaunt», dass im «Kassensturz»-Beitrag auch Sequenzen von Bouvry zu sehen waren, wie Mediensprecherin Monika Weibel zur sda sagte. Quälerische Haltung sei «nicht akzeptabel». Trotzdem hält die Migros an Bouvry fest und verkauft das Fleisch auch weiterhin.
Weibel begründet diesen Entscheid damit, dass die Migros mit dem Lieferanten, der Skin Packing SA, ein Pflichtenheft vereinbart habe. Es umfasse Haltung, Mast und Transport. Bei der letzten Kontrolle im Juli 2012 war laut Weibel alles in Ordnung.
Kontrollen ohne Anmeldung
Aufgrund der «Kassensturz»-Bilder will die Migros das Pflichtenheft mit Skin Packing nun aber überprüfen und allenfalls ausbauen. Zudem sind erneute, unabhängige und nicht angemeldete Kontrollen vorgesehen. Damit keine solchen Situationen mehr entstehen können, wie Sprecherin Weibel sagt: «Solche Mängel dürfen nicht sein.» Die Migros hat zwar durchaus Produkte aus dem Sortiment genommen. Allerdings nur solche, die nicht von Bouvry stammen: sowohl Frischfleisch als auch Charcuterie und Tiefkühlprodukte, beispielsweise Fondue Chinoise aus Argentinien. Diese Produkte machen bei der Migros rund 4% des importierten Pferdefleischs aus.
Gehandelt hat auch die Firma Prodega/Growa Cash+Carry, die grösste Anbieterin von Produkten für die Gastronomie. Sie hat am Montag zwei Produkte zurückgezogen: Bolognese-Sauce und Hackfleisch mit Hörnli von Hilcona. Prodega-Sprecherin Christine Strahm-Marti bestätigte auf Anfrage entsprechende Medienberichte. Wie viele Kunden diese Produkte bezogen hatten, konnte Strahm-Marti nicht sagen.
BVET: «Frage der Branche»
Besorgt zeigte sich im «Kassensturz»-Beitrag auch Thomas Jemmi, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET). Die Ergebnisse der Recherche würden Folgen haben, sagte er. BVET-Sprecherin Regula Kennel präzisierte am Mittwoch auf Anfrage, das Bundesamt werde nun prüfen, woher genau die im «Kassensturz» gezeigten Bilder stammen. Dann werde es mit den Importorganisationen Kontakt aufnehmen. Schliesslich gehe es bei diesen Fällen um «eine Frage der Branche», sagte Kennel. (awp/mc/ps)