Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin UVEK. (Foto: admin.ch)
Berlin – Die Schweiz kann im Patt um die Verhandlungen zum Stromabkommen mit der EU auf deutsche Hilfe hoffen. Vizekanzler Sigmar Gabriel will sich dafür einsetzen, dass die Verhandlungen weitergehen. Die Stimme Deutschlands sei «eine kräftige Stimme in unserem Rücken», sagte Bundesrätin Doris Leuthard am Freitag nach einem Gespräch mit Gabriel in Berlin. Deutschland sei in Energiefragen ein wichtiger Partner der Schweiz.
Auch wenn die Vorsteherin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) nicht sagen konnte, ob und wann Brüssel die Verhandlungen wiederaufnehmen werde, zeigte sie sich überzeugt: «Es ist gut, Verbündete zu haben.»
Schweiz bricht noch keine Verträge
Leuthard sagte, sie schätze die Haltung der deutschen Regierung zum Schweizer Volksentscheid zur Zuwanderung sehr. Schliesslich ändere allein der Verfassungsauftrag, die Zuwanderung zu beschränken, noch nichts. Die Schweiz breche zur Zeit noch keine bilateralen Verträge.
Obwohl sie verstehe, dass die EU ihre Werte verteidige, machten ihr die Strafaktionen aus Brüssel Mühe. Insbesondere würden Dossiers verknüpft, die nichts miteinander zu tun hätten, sagte die Bundesrätin in der Schweizer Botschaft in Berlin.
Die EU hatte die Verhandlungen zum Stromabkommen mit der Schweiz kurz nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gestoppt. Die Verhandlungen, die den Schweizer Zugang zum europäischen Strommarkt sichern sollten, hatten kurz vor dem Abschluss gestanden. Ausserdem setzte Brüssel die Verhandlungen zum Forschungsrahmenprogramm «Horizon 2020» und zum Austauschprogramm «Erasmus+» aus.
Fluglärmstreit in neuer Hand
Mit dem neuen deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt musste die Bundesrätin einige Probleme wälzen. So sei Deutschland beim Ausbau der Rheintalbahn wegen Lärmbeschwerden und mangelhafter Finanzierung in Verzug. Zwar gebe es Fortschritte, aber die wichtige Zufahrt zur NEAT werde nicht 2020 fertig sein, sagte Leuthard.
Thema war auch der Fluglärmstreit. Dobrindt müsse sich erst einmal ins Dossier einlesen und das Gespräch mit den Betroffenen in Baden-Württemberg suchen, sagte die Bundesrätin dazu. Sie habe signalisiert, dass die Schweiz gerne zur Klärung von Detailfragen zum ausgehandelten Staatsvertrag zum Flugverkehr bereit sei. Nachverhandlungen schloss Leuthard aber erneut aus.
Den Staatsvertrag hatten Dobrindts Vorgänger, Peter Ramsauer, und die UVEK-Vorsteherin im Herbst 2012 unterzeichnet. Er soll den jahrelangen Fluglärmstreit um An- und Abflüge über süddeutsches Gebiet beilegen. Während das Schweizer Parlament das Vertragswerk abgesegnet hat, steht die Ratifizierung in Deutschland wegen Widerstands in Süddeutschland noch aus.
Vielleicht sei es eine Chance, dass das Dossier nun in neuen Händen sei, sagte Leuthard. Dobrindt habe den Vertrag nicht ausgehandelt und könne den Bedenken in Süddeutschland vielleicht besser begegnen. Zum Zeithorizont wollte Leuthard sich nicht konkret äussern. Klar sei aber, dass Dobrindt das «an die Hand nehmen» müsse.
Kein «Bleihammer»
Bei einem informellen Mittagessen traf die Bundesrätin am Freitag auch mit dem Fraktionschef der CDU, Volker Kauder, zusammen. Sie habe festgestellt, dass die Politikerinnen und Politiker in Deutschland das Abstimmungsergebnis vom 9. Februar akzeptierten und sich für sorgsames Abwarten statt für den «Bleihammer» aussprächen.
Dennoch sei klar, dass der Volksentscheid nicht ohne Konsequenzen bleiben werde. «Die Umsetzung wird hart und schwierig», resümierte Leuthard. (awp/mc/ps)