Burkhalter wechselt ins EDA – Berset übernimmt EDI
Bern – Im Bunderat gibt es eine Rochade: Didier Burkhalter wechselt ins Aussendepartement, Alain Berset wird Innenminister. Damit sind zwar fast alle zufrieden – doch Burkhalter wird scharf dafür kritisiert, dass er Reformen zu wenig vorangetrieben habe und nach nur zwei Jahren wechselt. Die Rochade kam eher überraschend. Über Burkhalters Wechselgelüste war zwar spekuliert worden, doch er hatte stets beteuert, sich in die Dossiers vertiefen und Reformen sorgfältig aufgleisen zu wollen.
Die Departementsverteilung am Freitag dauerte nur kurz. Sie sei ohne Streit verlaufen, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi vor den Medien in Bern. Weder Burkhalter noch Berset traten vor die Medien. Berset liess schriftlich verlauten, er sei «sehr zufrieden». Und Burkhalter gab über seinen Sprecher bekannt, er habe aus Interesse an der Aussenpolitik wechseln wollen.
Magere Erfolgsbilanz im EDI
Der Neuenburger Didier Burkhalter übernahm das Innendepartement (EDI) nach seiner Wahl 2009. Damals sagte er, sein Ziel sei es, mit breit abgestütztem Vorgehen Blockaden aufzubrechen. Nun verlässt er das EDI mit einer mageren Erfolgsbilanz. Vergeblich versuchte er etwa, mit Kompromissvorschlägen die 11. AHV-Revision zu retten, die eine Koalition von SP, Grünen und SVP zu Fall gebracht hatte. Burkhalter versprach in der Folge, die Probleme der AHV zu analysieren und in der neuen Legislatur den Räten neue Vorschläge für eine grosse Revision zu unterbreiten. Auch bei der Komplementärmedizin und der zweiten Säule verschob er Grundsatzentscheide. Nun fallen diese Aufgaben an Alain Berset. Der SP kommt die Rochade gelegen. Sie erhält damit ein für sie besonders wichtiges Departement zurück.
Schwierige Aufgaben für beide
Der frisch gewählte SP-Bundesrat Berset wird als Innenminister schon bald in Abstimmungskämpfen gegen seine Partei antreten müssen: Die SP sammelt Unterschriften gegen die Managed-Care-Vorlage und hat eine Initiative für eine öffentliche Krankenkasse lanciert. Die FDP wiederum führt erstmals sei 1961 im Aussendepartement das Zepter. Auch auf den neuen Aussenminister warten schwierige Aufgaben: Burkhalter wird das Verhältnis der Schweiz zur EU klären müssen. Erst ein Jahr ist es her, dass es im Bundesrat zu einer Rochade kam. Anders als am Freitag ging die Verteilung damals nicht reibungslos über die Bühne: Der Bundesrat musste darüber abstimmen.
Kritik an Burkhalter
Mit der Ämterrochade sind – mit Ausnahme der SVP – zwar die meisten Parteien und Organisationen zufrieden. Doch Didier Burkhalter muss sich für den Wechsel nach nur zwei Jahren scharfe Kritik anhören. «Flucht ins Ausland» war das Wort des Tages, das jedoch nur hinter vorgehaltener Hand zu hören war. Seit Burkhalter am Drücker sei, seien die Dossiers noch weniger vorangekommen als unter Couchepin, sagte etwa CVP-Präsident Christophe Darbellay. Mit Alain Berset im EDI biete sich die Chance, Reformen bei den Sozialversicherungen zu deblockieren. Auch für BDP-Präsident Hans Grunder sind die Reformen nicht so weit gekommen wie erhofft. Dafür könne aber Burkhalter nicht die alleinige Verantwortung zugeschoben werden.
SVP generell «sehr unzufrieden»
Härter fällt das Urteil von SVP-Präsident Toni Brunner aus, der mit der neuen Zuteilung generell «sehr unzufrieden» ist. Burkhalter habe gar nie richtig angefangen im EDI, sondern alles vor sich hergeschoben. «Burkhalter hatte die Kraft nicht», sagte Brunner zur sda. Nun verlasse er das EDI bei der erstbesten Gelegenheit. Brunner wertet es zudem als Fehler, dass das Schlüsseldepartement EDI an die SP gegangen ist: «Es hätte bürgerliche Hände nie verlassen dürfen.» Für FDP-Präsident Fulvio Pelli ist es wichtig, dass Berset in der vorgespurten Richtung weiterarbeitet und nicht alles umkrempelt. Der Wechsel ins EDA sei nicht der Wunsch der FDP gewesen, gab er zu Protokoll. SP-Präsident Christian Levrat ist «sehr zufrieden mit der guten Lösung». Ein Sozialdemokrat im EDI erlaube es, zwischen Reformen und Sozialabbau zu unterscheiden.
Freude bei Kulturschaffenden
Auch Gesundheitsorganisationen und Kulturschaffende weinen Burkhalter offenbar keine Träne nach. Der Krankenkassendachverband santésuisse erhofft sich vom neuen EDI-Chef Berset mehr Zug in der Gesundheitspolitik. Auch Pro Infirmis ist «nicht unglücklich über den Wechsel», wie ein Sprecher sagte. Einem Sozialdemokraten lägen die Sozialwerke näher als einem Freisinnigen. Erfreut sind auch die Kulturschaffenden, die nun einen Jazz-Pianisten ansprechen können. Der von den Kulturschaffenden bestimmte Schattenkulturminister Denis Beuret wusste über Burkhalter wenig zu berichten. Er sei gegenüber den Kulturschaffenden sehr distanziert gewesen.
Letzte Rocharde vor einem Jahr
Es ist erst ein Jahr her, dass es im Bundesrat zu einer Rochade kam. Damals erhielten gleich vier Departemente einen neuen Vorsteher oder eine neue Vorsteherin. Anders als am Freitag ging die Departementsverteilung im Herbst 2010 nicht reibungslos über die Bühne: Der Bundesrat musste darüber abstimmen. Bundesrätin Doris Leuthard entschied sich für einen Wechsel ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), Eveline Widmer-Schlumpf wechselte ins Finanzdepartement (EFD). Johann Schneider-Ammann wurde Volkswirtschaftsminister – und Simonetta Sommaruga musste gegen ihren Willen das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) übernehmen. (awp/mc/upd/ps)