Bern – Es ist ein historischer Tag für die Frauen. Die Bundesversammlung hat am Mittwoch erstmals zwei Bundesrätinnen gleichzeitig gewählt. Mit Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und der amtierenden Simonetta Sommaruga sitzen künftig wieder drei Frauen in der Landesregierung.
Amherd (CVP) ist die achte Frau im Bundesrat, Keller-Sutter (FDP) die neunte. Die erste Bundesrätin war Elisabeth Kopp, sie musste 1989 wegen eines Skandals zurücktreten. Keller-Sutter scheint entschlossen, mit diesem Trauma abzuschliessen. Das Parlament beende ein dornenvolles Kapitel, sagte sie in ihrer Erklärung zur Annahme der Wahl. «Ich glaube, dass wir damit wieder zur Normalität übergehen können.»
Die Wahl verlief tatsächlich so, als wäre die Wahl zweier Frauen in die Landesregierung das Normalste der Welt. Amherd und Keller-Sutter waren im jeweils ersten Wahlgang mit einem glanzvollen Resultat gewählt worden. Sprengkandidaturen und Winkelzüge blieben aus. Keine Fraktion hatte die offiziellen Kandidaturen in Frage gestellt, die geltende Zauberformel blieb unangefochten. Gemessen an seiner Bedeutung verlief der Wahltag bemerkenswert unaufgeregt.
Die #CVP gratuliert ihrer neuen Bundesrätin Viola Amherd. Die CVP wünscht Viola Amherd viel Erfolg in ihrem neuen Amt im Dienste unseres Landes und ist überzeugt, dass sie sich mit allen Kräften für die Zukunft der Schweiz einsetzen wird. #brw18 https://t.co/3cerqAGtzp pic.twitter.com/zjyhRGOXNl
— CVP PDC PPD PCD (@CVP_PDC) 5. Dezember 2018
Sicherer Wert
Die Ausmarchung um die Nachfolge von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard hatte immerhin noch etwas Spannung versprochen. Mit der 56-jährigen Walliserin Viola Amherd hatte die CVP-Fraktion eine erfahrene Nationalrätin nominiert. Gleichzeitig hob sie die bis dahin auf dem nationalen Politparkett kaum bekannte Urner Justizdirektorin Heidi Z’graggen auf den Schild.
Die beiden Kandidatinnen lieferten sich einen Wahlkampf auf Augenhöhe. Die SVP stellte sich mehrheitlich hinter Z’graggen, die übrigen grossen Fraktionen beschlossen Stimmfreigabe. Am Ende war das Resultat aber eindeutig: Bei einem absoluten Mehr von 121 Stimmen kam Amherd auf Anhieb auf 148, Z’graggen machte 60 Stimmen. Die Bundesversammlung hatte sich für den sicheren Wert entschieden.
Weniger überraschend war die klare Wahl von Keller-Sutter. Kaum hatte Johann Schneider-Ammann seinen Rücktritt erklärt, schien die 54-Jährige St. Gallerin so gut wie gewählt. Der Schaffhauser Herausforderer Christian Amsler blieb schon bei der Nomination auf der Strecke. Konkurrent Hans Wicki unterlag im ersten Wahlgang mit 154 Stimmen zu 56 Stimmen.
Alles passte
Gegen Keller-Sutter hatte der Nidwaldner Ständerat kein Rezept. Diese punktete mit der passenden Herkunft, dem richtigen Geschlecht und dem nötigen politischen Rucksack. Als sie 2010 zusammen mit Schneider-Ammann für den Bundesrat kandidierte, war die damalige St. Galler Justizdirektorin wegen ihrer Asylpolitik für die Linke unwählbar. Inzwischen hat Keller-Sutter ihr politisches Profil so weit geglättet, dass sich die SP entschieden hinter sie stellte.
Die letzten Stimmen sind ausgezählt und die Entscheidung gefallen: #KarinKellerSuter wird Nachfolgerin von @_BR_JSA im Bundesrat. Herzliche Gratulation! #BRW18 #FDP #brwahl pic.twitter.com/9jDdIXsZ30
— FDP Schweiz (@FDP_Liberalen) 5. Dezember 2018
Nach der Wahl zeigte sich die frisch gekürte Bundesrätin überwältigt. Es sei ein Moment, «der einem nicht real vorkommt», sagte die sonst eher nüchtern auftretende Politikerin. «Es ist alles unwirklich, diese Anspannung über Wochen, und plötzlich ist es jetzt so weit.» Das habe sie sehr bewegt. Auch Amherd bekundete, dass sie «sehr glücklich» sei. Nach dem ereignisreichen Wahltag wolle sie einen ruhigen Abend verbringen. «Aber ich denke, ein Apéro ist schon noch drin», sagte die Walliserin zur Erheiterung der Bundeshausmedien.
Auch sonst war es ein Wahltag voller Emotionen. Doris Leuthard kämpfte mit den Tränen, als sie bei ihrer Abschiedsrede ihrem Ehemann dankte. Schneider-Ammann sorgte für Heiterkeit im Saal mit dem Bekenntnis, dass das Rednerpult nicht sein liebstes Möbelstück sei.
Mitreissender Maurer
Unerwartet war jedoch der Überschwang, mit dem Ueli Maurer der Bundesversammlung für die Wahl zum Bundespräsidenten 2019 dankte. «Es wäre schön, wenn wir gemeinsam in diesem Jahr etwas Spass und Vergnügen ausstrahlen würden», sagte Maurer. «Ich freue mich auf dieses Jahr.»
Sein Enthusiasmus war so mitreissend, dass er dafür frenetischen Applaus und sogar Bravo-Rufe erntete. Die eigentliche Anerkennung war aber das Wahlresultat. Maurer, bei seiner Wahl in den Bundesrat 2008 noch ganz der kantige Ex-SVP-Präsident, kam auf 201 von 209 gültigen Stimmen. Das ist das beste Resultat seit 30 Jahren. Vizepräsidentin ist 2019 Simonetta Sommaruga. (awp/mc/pg)
Für den Lacher des Tages sorgte Johann Schneider-Ammann: