(Foto: Die Schweizerische Post)
Bern – Die Schweizerische Post ist seit heute Mittwoch keine öffentliche Anstalt mehr, sondern eine Aktiengesellschaft. Gleichzeitig erhält ihre Tochter Postfinance eine Bankenbewilligung. Die neue Rechtsform bedeutet zwar mehr Handlungsspielraum, am Auftrag als Grundversorger ändert sich aber nichts.
«Durch die Umwandlung wird sich auch für den Grossteil der Kundinnen und Kunden der Post nichts ändern», sagte Post-Verwaltungsratspräsident Peter Hasler am Dienstag vor den Medien in Bern. Trotzdem sprach er von einem «historischen Ereignis mit weitreichender Bedeutung». Die Welt stehe der Post nun offen, es gebe grössere Freiheiten. «Wir können nun die Grundversorgung flexibler gestalten und den Bedürfnissen der Privatkunden anpassen», hielt Post-Konzernchefin Susanne Ruoff fest. So würde die Zusammenarbeit mit Unternehmen im In- und Ausland vereinfacht.
Angesprochen auf die damit verbundenen Risiken, sagte Ruoff, dass die Post bei Kooperationen «sehr selektiv und fokussiert» vorgehen werde. «Wir werden das mit Augenmass tun.» Auslandabenteuer, wie sie die Swisscom in der Vergangenheit gewagt hatte, seien nicht die Absicht.
Teilprivatisierung möglich
Neu werden unter dem Dach der Schweizerischen Post AG die drei Konzerngesellschaften Post CH AG, Postfinance AG und Postauto AG geführt. Eigentümer bleibt zu 100% der Bund – neu in der Rolle als Aktionär. Die Postfinance AG wiederum bleibt im vollständigen Besitz der Schweizerischen Post AG.
«Faktisch ist es für den Bund möglich, einen Anteil von maximal 49% in private Hände zu geben», sagte Hasler. Die Öffnung sei möglich, weil sie im Gesetz verankert sei. Er hielt zugleich fest, dass eine Teilprivatisierung ein politischer Schritt wäre, der «sicher nicht in den nächsten Jahren» erfolge.
Geschäftsmodell beibehalten
Ein grosser Schritt in einem «langen, komplexen Prozess» ist die Bankbewilligung für die Postfinance. Wie Hansruedi Köng, Chef der neuen Retailbank, sagte, eröffnet das Bankrecht die Möglichkeit, Produkte selbstständig anzubieten, für die bisher Kooperationen mit Banken eingegangen werden mussten. An bestehenden Kooperationen werde Postfinance aber zunächst festhalten.
Kredite und Hypotheken hingegen kann die Bank nach wie vor nicht selbstständig vergeben. «Zahlen und Sparen bleiben auch künftig das Kerngeschäft von Postfinance», sagte Köng. Es bestehe also kein Grund, das Geschäftsmodell von Postfinance zu ändern.
Überschaubares Risiko
Und obwohl die Staatsgarantie bei einer AG wegfällt, bleibe die Postfinance für die Kunden ein sicherer Hafen, sagte Hasler. Er begründete seine Aussage mit den ausreichend vorhandenen Eigenmitteln und der umfassenden Überwachung. So untersteht die Postfinance neu der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma).
Postfinance-Chef Köng glaubt auch nicht, dass sein Institut in den USA im Rahmen des Steuerstreits angeklagt wird. «Das Geschäftsmodell der Postfinance war und ist auch heute nicht auf unversteuerte Vermögenswerte ausgerichtet. Die Gefahr einer Anklage ist sehr gering», sagte Köng. Entsprechend seien auch keine Rückstellungen für mögliche Bussen vorgenommen worden.
Postfinance habe schon vor Jahren entschieden, nur mit in der Schweiz wohnhaften US-Bürgern Kundenbeziehungen zu führen. Bei diesen Kunden stehe der Zahlungsverkehr im Vordergrund, nicht die Vermögensverwaltung. Ausserdem habe man von US-Kunden auch schon früh eine Deklarationspflicht eingeführt, begründete Köng. «Wir arbeiten seit längerem mit einer klaren Weissgeldstrategie.»
Neuer Gesamtarbeitsvertrag
Mit der Umwandlung der Post in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft beginnt auch für ihre 60’000 Mitarbeitenden eine neue Zeitrechnung. Das neue Gesetz verpflichtet die Post, mit den Gewerkschaften innert zweier Jahre einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zu verhandeln. Die Gespräche sollen im August beginnen.
Die Sozialpartner kündigten am Dienstag bereits an, die jahrelang erkämpften Rahmenbedingungen weiterhin durchzusetzen. Die Gewerkschaft syndicom stellte klar, «dass diese neue Rechtsform bei der Post in keiner Weise ein Freipass dafür darstellt, die Anstellungsbedingungen für das Personal zu verschlechtern». Der Personalverband transfair forderte einen GAV «unter einem für alle gemeinsamen Dach».
Post-Chefin Ruoff sagte am Dienstag nur, dass das Unternehmen keine bestehenden Löhne senken werde. (awp/mc/pg)