Die Schweiz hat gewählt
3800 Nationalrats-Kandidatinnen und Kandidaten haben sich für einen Platz unter der Bundeshauskuppel beworben.
Bern – Am heutigen Sonntag sind in der Schweiz die Stimmberechtigten an die Wahlurnen gerufen worden. In der Nacht auf Montag dürfte die Zusammensetzung des Nationalrats für die nächsten vier Jahre bekannt sein. Mögliche Wahlsieger sind rechte Kräfte, den Mitteparteien werden Verluste vorausgesagt.
Doch das sind Prognosen. In den meisten Kantonen waren die Urnen noch bis am Sonntagmittag geöffnet. Erste Resultate, vor allem aus den kleineren Kantonen, werden am frühen Nachmittag erwartet. Die letzten Ergebnisse der Nationalratswahlen könnten hingegen erst nach Mitternacht veröffentlicht werden. Am längsten dauert die Auszählung jeweils in den grossen Kantonen Waadt, Bern und Zürich.
Bis dahin haben die Stimmenzähler und Staatskanzleien alle Hände voll zu tun. Mit über 3800 Kandidierenden auf 422 Listen werden bei den Nationalratswahlen einmal mehr alle Rekorde gebrochen. Für einen der 45 Sitze, die im Ständerat zu vergeben sind, kandidieren rund 160 Personen.
Bereits besetzt ist der Innerrhoder Sitz: Die Landsgemeinde hat Ivo Bischofberger (CVP) am 26. April oppositionslos wiedergewählt. In Ausserrhoden und Graubünden treten die Kandidierenden ohne Gegner an. In vielen anderen Kantonen wird die Standesvertretung hingegen erst in den nächsten Wochen bestimmt: Bei der grossen Zahl von Kandidierenden ist ein zweiter Wahlgang sehr wahrscheinlich.
Kein Erdrutsch
Prognosen deuten auf Sitzverschiebungen hin, aber nicht auf einen Erdrutsch. In der Defensive sind vor allem GLP und BDP, die Wahlsieger von 2011. Auch der CVP werden Verluste vorausgesagt. Profitieren wird wohl die FDP, aber auch die SVP. Links der Mitte könnten die Grünen Sitze an die SP oder an linke Kleinparteien verlieren.
Im Ständerat zeigt sich eine ähnliche Tendenz. Die FDP dürfte zulegen, zwischen CVP, SVP und SP könnte es einige Verschiebungen geben. Die beiden Grünen und der BDP-Vertreter im Ständerat sitzen einigermassen fest im Sattel, während die GLP aus der kleinen Kammer zu verschwinden droht.
Drohende Verhärtung
Bei dieser Ausgangslage ist es möglich, dass sich an der politischen Grosswetterlage in der nächsten Legislatur nur wenig ändert. Die erwartete Schwächung der Mitte dürfte die Lösung anstehender Probleme allerdings weiter erschweren. Das könnte etwa die Energiewende oder die Reform der Altersvorsorge betreffen.
Der Wahlsonntag wirft seinen Schatten auch auf die Gesamterneuerungswahl des Bundesrats am 9. Dezember voraus. Mit jedem Sitz, den die BDP einbüsst, verliert Eveline Widmer-Schlumpf an Legitimation. Entscheidend für ihr politisches Schicksal ist aber, wie gross das Lager noch ist, das sie anstelle eines zweiten SVP-Bundesrats wiederwählen würde. Das Rechnen und Schachern wird mit dem heutigen Tag beginnen. (awp/mc/ps)