Zürich – Bei der Swiss übernimmt ab Anfang nächsten Jahres Dieter Vranckx den Steuerknüppel. Der Verwaltungsrat hat den belgisch-schweizerischen Doppelbürger zum Konzernchef ernannt, wie die Swiss am Mittwoch bekannt gab.
Vranckx folgt auf Thomas Klühr, der die Schweizer Fluggesellschaft Ende Jahr verlässt. Klühr hatte Ende September überraschend angekündigt, aus privaten Gründen und auf eigenen Wunsch von Bord zu gehen.
Er sass rund fünf Jahre im Cockpit der Schweizer Fluggesellschaft, die zum Lufthansa-Konzern gehört. 2018 flog die Swiss unter Klührs Leitung das beste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Nun steckt sie wegen der Coronapandemie in der schwersten Krise seit vielen Jahren. In den ersten neun Monaten 2020 brach die Passagierzahl um 70 Prozent ein.
Das Nachsehen haben damit offenbar Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi-Pour und Finanzchef Markus Binkert, die in den Medien als Nachfolger von Klühr gehandelt worden waren. Sie gehören weiterhin zur Geschäftsleitung, in der auch noch der operative Chef Thomas Frick sitzt.
Sehr erfahrener Manager
Vranckx, der das Steuer in turbulenten Zeiten übernimmt, ist ein sehr erfahrener Luftfahrtmanager. Der 47-Jährige sei seit 1998 in verschiedenen Führungsfunktionen in der Airline-Branche tätig, teilte die Swiss weiter mit. Er arbeite seit rund zwanzig Jahren für die Lufthansa-Gruppe, davon dreizehn Jahre für Swiss und die Swissair.
Vranckx war etwa von 2013 bis 2016 bei der Swiss als Verkaufs- und Marketingchef für die Märkte Schweiz, Deutschland und Österreich zuständig. Vranckx wohnt im Kanton Zürich, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Derzeit ist er Chef der ebenfalls zur Lufthansa gehörenden Brussels Airlines. Dieses Amt hatte Vranckx erst Anfang Jahr übernommen.
Sehr guter Kenner der Swiss
«Ich freue mich sehr, dass Dieter Vranckx zurück zur Swiss kommt und wir ihn als neuen CEO gewinnen konnten», erklärte Swiss-Verwaltungsratspräsident Reto Francioni im Communiqué: «Er kennt die Swiss und die Lufthansa aus seinen früheren Funktionen sehr gut und hat auch in schwierigen Zeiten erfolgreich geführt.»
Nun solle er mit seiner grossen Kompetenz sowohl im Passagier- als auch im Frachtgeschäft das Geschäftsmodell der Swiss den drastischen Marktveränderungen entsprechend weiterentwickeln. «Dabei wünschen wir ihm viel Erfolg», erklärte Francioni.
Gigantische Aufgabe
Die Aufgabe wird gigantisch. Denn die Coronakrise hat die ganze Luftfahrtbranche in die heftigsten Turbulenzen seit Jahrzehnten gestürzt und die Swiss in die grösste Krise seit ihrer Gründung als Nachfolgerin der untergegangenen Swissair.
Operativ flog die Schweizer Airline in den ersten neun Monaten einen Verlust von 414,7 Millionen Franken ein nach einem Gewinn von 489,6 Millionen im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stürzte um 62 Prozent auf 1,54 Milliarden Franken ab.
Schuld ist die Coronapandemie, wegen der zeitweise 95 Prozent der Flotte am Boden stand. Zwar konnte die Swiss ihr Angebot in den Sommermonaten sukzessive und stärker wiederaufbauen als erwartet. Zunehmende Reiserestriktionen haben die Erholung jedoch ab Mitte August wieder ausgebremst.
Den Winterflugplan musste die Swiss wegen der Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen deutlich zusammenstreichen. Aktuell geht die Airline davon aus, maximal 25 Prozent ihrer Vorjahreskapazität anbieten zu können. Um Gegensteuer zu geben, sollen in den kommenden zwei Jahren rund 1’000 Stellen abgebaut werden.
Piloten begrüssen Ernennung
Der Pilotenverband Aeropers begrüsste die Ernennung: Man freue sich, dass nun Klarheit über die Besetzung der Chefstelle herrsche, schrieb die Pilotenvertretung in einem Communiqué. In der schwierigen Situation, in der die Swiss stecke, sei es gut, wenn man wisse, wie es weitergehe, sagte Aeropers-Vorstandsmitglied Thomas Steffen auf Anfrage.
«Ich hatte bisher mit Dieter Vranckx noch nie persönlich zu tun, freue mich aber, dass ein Manager mit einer Beziehung zur Schweiz das Rennen gemacht hat», erklärte Aeropers-Präsident Kilian Kraus.
Sein Vorgänger Thomas Klühr habe als CEO die Sozialpartnerschaft und die Swiss mit ihren schweizerischen Werten gestärkt. «Aeropers geht davon aus, dass Dieter Vranckx diesen Umgang zugunsten der Firma und ihrer Mitarbeiter weiterführen wird», hiess es weiter.
Die Bodenpersonalgewerkschaft SEV-GATA listet in einer ersten Reaktion ihre Forderungen an Vranckx auf. Man erwarte vom neuen Chef, dass er «alles tut, um die Coronakrise mit allen Mitarbeitenden durchzustehen». Nach der Krise dann solle Vranckx die Arbeitsbedingungen des Bodenpersonals weiterentwickeln. Denn bei diesen gebe es Nachholbedarf, erklärte SEV-GATA in einem Communiqué. (awp/mc/ps)