DKSH-Präsident Jörg Wolle tritt nächstes Jahr endgültig von der Bühne
Zürich – Beim Handelskonzern DKSH tritt ein Urgestein ab. Der langjährige CEO und heutige Verwaltungsratspräsident Jörg Wolle wird an der nächsten Generalversammlung im März 2019 nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Wolle wird das Präsidentenamt damit lediglich zwei Jahre innegehabt haben.
Damit runde DKSH ihren vor drei Jahren eingeleiteten Prozess des Generationswechsels an der Spitze von Unternehmen und Verwaltungsrat ab, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Ein designierter Nachfolger oder eine Nachfolgerin wurde noch nicht präsentiert. Ein Komitee des Verwaltungsrates unter Führung des Ehrenpräsidenten Adrian T. Keller sei mit der Suche beauftragt, hiess es. Keller und Wolle würden dabei «eng zusammenwirken».
Wolle verstehe den Abgang «auch als Beitrag zur guten Corporate Governance», hiess es. «Es kann Sinn machen, dass der frühere CEO für eine gewisse Zeit auch den Verwaltungsrat führt, insbesondere dann, wenn Kontinuität von so grosser Bedeutung ist wie bei DKSH.»
28 Jahre im Unternehmen
Wolle war 28 Jahre im Unternehmen, davon 18 Jahre an dessen Spitze und entsprechend eine sehr wichtige Figur für den Konzern. Als das Unternehmen 2012 an die Börse ging, wurde gar im Börsenprospekt ausdrücklich auf das Risiko der Abhängigkeit von Wolle hingewiesen. Im März 2016 kündigte Wolle dann an, im Frühjahr 2017 das Präsidium des Verwaltungsrates zu übernehmen und den operativen Chefposten abzugeben. Er trat seinen Posten an Stefan Butz an, der von der britischen Prüffirma Intertek zu DKSH stiess.
Wolle, der in der früheren DDR aufgewachsen ist und kurz vor der Wende in den Westen flüchtete, heuerte in den früheren 1990er-Jahren beim damaligen Handelshaus Siber Hegner an. Dieses fusionierte 2002 mit der Diethelm Keller Holding zur heutigen DKSH. 2017 machte das Unternehmen mit knapp 32’000 Beschäftigten einen Nettoumsatz von 11,0 Milliarden und einen Gewinn von gut 200 Millionen Franken.
DKSH übernimmt für Unternehmen, die den Markteintritt in Asien suchen oder ihre Tätigkeiten ausbauen wollen, Dienstleistungen in der Vermarktung, dem Vertrieb oder im Kundendienst. Das Unternehmen ist – historisch bedingt – vor allem in Asien tätig und dies bereits seit dem 19. Jahrhundert. Von den heute über 800 Niederlassungen in 37 Ländern liegt ein grosser Teil in Asien, und etwa ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet DKSH alleine in Thailand.
Die treibende Kraft bei DKSH
DKSH galt mit Wolle als treibender Kraft lange als Erfolgsgeschichte und hatte den Ruf eines Wachstumsunternehmens. In den letzten Jahren verlangsamten sich die Wachstumsraten dann aber deutlich. Vor allem auch die politische Entwicklung in Thailand, wo im Oktober 2013 Unruhen ausgebrochen waren, bremsten DKSH.
Dies manifestierte sich auch im Aktienkurs. Nach dem Börsengang 2012 stieg der Kurs des DKSH-Papiers wie eine Rakete und schoss von rund 50 Franken bis auf fast 90 Franken vor, um dann wieder Richtung 60 Franken abzustürzen. Zwar stiess der Kurs Anfang 2018 gar über 90 Franken, seither ist die Luft aber draussen und die Aktie notiert aktuell noch bei rund 66 Franken.
Im Schussfeuer von Medien und Investoren
Mit dem sinkenden Aktienkurs geriet auch Wolle selber in das Schussfeuer von gewissen Investoren, wobei vor allem sein sehr hoher Lohn kritisiert wurde. Mit einer Gesamtentlöhnung von 6,2 Millionen Franken in seinem letzten vollen Jahr als Konzernchef gehörte Wolle nämlich zu den grössten Verdienern in der Schweiz. Bereits in den Jahren davor war sein Lohn mit 5,8 Millionen (2015) bzw. 5,4 Millionen Franken (2014) sehr ansehnlich ausgefallen.
Fragen warf aber auch der Verkauf seiner DKSH-Aktienpakete auf. So hatte Wolle in diesem Sommer für 27 Millionen Franken fast alle seine Aktien, die er noch besass, verkauft. Das Unternehmen begründete die Verkäufe damals gegenüber der «SonntagsZeitung» damit, dass Wolle seinem Nachfolger als Konzernchef genügend Freiraum lassen wolle. Bei Investoren wurde dies aber zum Teil auch als Misstrauensvotum in Bezug auf die weiteren Chancen von DKSH gesehen.
Positive Einschätzung von Analysten
In einer Gesamteinschätzung kommt Wolle bei Analysten aber trotzdem gut weg. Der endgültige Abgang sei ein Verlust angesichts seines grossen Beitrags zum Erfolg von DKSH, schrieb die Bank Vontobel in einem Kommentar. Nach 28 Jahren bei DKSH könne er seinen Schritt aber verstehen, so der zuständige Analyst. Die frühe Ankündigung des presonellen Wechsels sorge ausserdem für einen reibungslosen Übergang und Stabilität innerhalb von DKSH.
Dass die Ära Wolle irgendwann zu Ende gehen würde, sei zwar abzusehen gewesen, sieht auch die ZKB so, der Abgang sei dennoch ein Verlust. (awp/mc/ps)