Drei weitere öV-Unternehmen mit zu hohen Subventionen
Bern – Drei weitere Schweizer Unternehmen des öffentlichen Verkehrs (öV) haben laut den Aufsichtsbehörden zu hohe Subventionen bezogen. Es handelt sich um die Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF), die Bus Ostschweiz AG und die Standseilbahn St-Imier-Mont-Soleil BE.
Bei den TPF geht es laut einer Mitteilung des Bundesamts für Verkehr (BAV) vom Donnerstag um Werbeeinnahmen und Erlöse aus Versicherungen. Diese soll dieses Unternehmen nicht wie vorgeschrieben in den abgeltungsberechtigten Sparten verbucht haben.
Über einen Zeitraum von zehn Jahren sollen die TPF rund sechs Millionen Franken zu viel bezogen haben. Dazu kommen die Zinsen.
Die Bus Ostschweiz AG soll vollständig abgeschriebene Busse an ein Tochterunternehmen verkauft haben. Dieses vermietete laut Mitteilung die Fahrzeuge von 2012 bis 2019 zu überhöhten Kosten zurück an die subventionierte Muttergesellschaft.
Es stehe der Verdacht im Raum, schreibt das BAV, dass dieses Vorgehen gewählt worden sei, um das seit 2011 geltende explizite Verbot von Überabschreibungen zu umgehen. Die Schadenssumme im Regionalen Personenverkehr und Ortsverkehr beträgt laut BAV rund 5,5 Millionen Franken.
Bei der Standseilbahn im Berner Jura geht es um Unregelmässigkeiten in der Rechnungsführung und um einen Betrag von unter einer Million Franken. Der Fall wird unter Federführung des Kantons Bern vertieft aufgearbeitet.
Die Verfahren zur Rückzahlung der total rund zwölf Millionen Franken plus Zinsen seien eingeleitet oder in Vorbereitung, schreibt das BAV.
Mögliches Strafverfahren
Bei der Bus Ostschweiz AG werde das BAV ein Strafverfahren anstrengen, wenn sich bestätige, dass das Unternehmen systematisch vorgegangen sei: Das sagte am Donnerstag auf Anfrage Andreas Windlinger, BAV-Mediensprecher.
Im Fall der Standseilbahn von St-Imier auf den Mont-Soleil sei noch vieles unklar und müsse genauer abgeklärt werden, so Windlinger weiter. Bei den TPF gebe es keine Hinweise auf kriminelle Energie und deshalb denke das BAV in diesem Fall nicht an ein Strafverfahren.
Ducrot nicht einbezogen
Die TPF leitete von 2011 bis 2020 der heutige SBB-Chef Vincent Ducrot. Er gab am Donnerstag via SBB-Medienstelle bekannt, er sei nicht in die Untersuchungen einbezogen. «Ich bin überzeugt, dass die TPF diesen Fall so gut wie möglich zusammen mit den Bestellern lösen werden – wie ich es auch getan hätte, wenn ich als TPF-Chef damit konfrontiert gewesen wäre.»
Die TPF teilten am Donnerstag mit, die fälschlicherweise verbuchten Beträge würden schnellstmöglich zurückerstattet. Die bisherige Verbuchungspraxis werde korrigiert. Es handle sich um einen Fehler noch aus der Zeit der Vorgängerorganisation GFM und nicht um eine Rechtsverletzung.
Der Leiter Finanzen und Einkauf des 1200 Angestellte zählenden Unternehmens tritt nach Bekanntwerden des Fehlers zurück respektive geht in Frührente.
«Ungeschickt»
Die Spitze der Bus Ostschweiz AG nannte das Vorgehen am Donnerstag vor den Medien in Widnau SG als «aus heutiger Sicht ungeschickt». Nun werde die Vergangenheit aufgearbeitet. Der erwirtschaftete Gewinn sei laufend in neue Mobilitätslösungen sowie in zeitgemässe Infrastruktur investiert worden und nicht in Dividenden oder überhöhte Boni.
Federführend bei der Aufarbeitung der drei Fälle sind die Kantone Freiburg, St. Gallen und Bern.
Postauto, BLS, SBB, VBL. . .
In den letzten Jahren sind in der Schweiz mehrere Fälle von überhöhten Subventionszahlungen an öV-Unternehmen bekannt geworden. 2018 deckte das BAV auf, dass Postauto Erträge aus dem subventionierten Regionalen Personenverkehr falsch verbuchte.
Danach stellten BAV und Kantone auch überhöhte Subventionsbezüge durch die BLS, die SBB, die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) sowie durch ein holländisches Schienengüterverkehrsunternehmen fest. Der grösste Teil des Geldes – annähernd 300 Millionen Franken – wurde inzwischen an Bund und Kantone zurückbezahlt.
Ausgenommen ist die VBL, welche die Rückzahlungsverfügung gerichtlich angefochten hat. Noch laufen Straf- respektive Zivilverfahren in den Fällen Postauto, BLS und VBL. Nach dem «Fall Postauto» passte das BAV das Aufsichtssystem an. (awp/mc/ps)