Economiesuisse erwartet steigende Arbeitslosigkeit
Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch.
Bern – Für Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, ist die Lage wegen des starken Frankens ernst: «Die Schweiz kann das nicht lange durchstehen», sagte er in einem am Freitag in mehreren Tageszeitungen publizierten Interview.
«Die Arbeitslosenzahlen werden wegen der Frankenstärke steigen», betonte Minsch. Zwar hätten viele Betriebe weiterhin einen hohen Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften, Investitionsentscheide würden jedoch zunehmend zuungunsten der Schweiz ausfallen. Immer mehr Betriebe seien in ihrer Existenz gefährdet.
Eingreifen der Nationalbank begrüsst
Mit einem Wechselkurs zum Euro im Bereich zwischen 1,30 und 1,40 CHF könnte die Schweizer Wirtschaft leben, so Minsch. Die aktuelle Lage komme jedoch einer Lohnsteigerung innert Jahresfrist um 20% gegenüber ausländischen Konkurrenten gleich. Ein Eingreifen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) begrüsst Minsch. Dass die bisherigen Massnahmen keine deutliche Wirkung erzielt haben, erklärt er einerseits mit der Tatsache, dass die Banken schliesslich selber entscheiden müssten, was sie mit dem zusätzlichen Geld anstellten.
Absage an Frankenanbindung an Euro
Andererseits habe die Nationalbank mit dem begangenen Mittelweg zwischen Nichtstun und massiven Deviseninterventionen das Risiko in Kauf genommen, dass sie die Märkte nicht überzeugen kann. Minschs Einschätzungen wurden im «St. Galler Tagblatt», der «Südostschweiz» und der «Neuen Luzerner Zeitung» veröffentlicht. Eine Anbindung an den Euro lehnt der Economiesuisse-Chefökonom ab. Die Schweiz würde damit ihre unabhängige Geldpolitik verlieren, folgert Minsch. Aufgrund der ausserordentlichen Lage sei jedoch das Setzen eines Wechselkursziels im Sinne einer Untergrenze ein möglicher Ausweg.
Appel zu höheren Arbeitszeiten
Ein definiertes Wechselkursziel findet derzeit auch mehr und mehr die Unterstützung der Politik. Würde jedoch ein Wechselkursziel von anfänglich 1,10 CHF gesetzt, müsse dieses in den nächsten Monaten kontinuierlich nach oben angepasst werden, sagte Minsch. Um mittel- und langfristig bessere Bedingungen für die Schweizer Wirtschaft zu schaffen, fordert Minsch von der Politik verschiedene Massnahmen: Abgaben müssten gekürzt, Steuern gesenkt und Freihandelsabkommen abgeschlossen werden. An die Schweizer Arbeitnehmer appelliert er, Arbeitszeiterhöhungen von bis zu zwei Stunden in der Woche in Kauf zu nehmen. Dies sei immer noch besser, als eine Lohnsenkung verkraften zu müssen. (awp/mc/ps)