Economiesuisse warnt vor Vollgeld-Initiative
Zürich – Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse kann der Vollgeld-Initiative nichts abgewinnen. Das Begehren, über welches das Volk dereinst abstimmen wird, sei ein «gewaltiges Experiment», hiess es am Dienstag an einem Mediengespräch in Zürich.
Die Volksabstimmung findet wohl erst im übernächsten Jahr statt, und für den Abstimmungskampf ist es somit noch zu früh. Economiesuisse will aber jetzt schon vorspuren. «Es handelt sich wahrscheinlich um eine der kompliziertesten Initiativen der letzten zwanzig Jahre», sagte Verbands-Chefökonom Rudolf Minsch. Und: «Wir haben etliche Bedenken.»
Die Initiative will der Schweizerischen Nationalbank (SNB) das Monopol zur Ausgabe von Buchgeld übertragen. Die Geschäftsbanken dürften keine Kredite mehr gewähren, die wie heute durch Sichteinlagen finanziert werden – sondern nur noch, wenn sie vollumfänglich mit Sparguthaben hinterlegt sind. Die Initiative sieht zudem vor, neu geschöpftes Geld direkt an die öffentlichen Haushalte oder an die Bevölkerung zu verteilen.
«Per Knopfdruck»
Minsch räumte ein, dass das heutige System nicht perfekt sei. Doch es sei besser, gezielt nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. «Es gibt keine Notwendigkeit, das ganze System über Bord zu werfen», so Minsch. Noch nie sei ein «derartiges Experiment» gewagt worden, warnte er.
Laut Patrick Eugster, der für den Verband eine Studie mitverfasst hat, sind auch die von den Initianten genannten historischen Vorbilder falsch. Denn im Vollgeld-System werde «per Knopfdruck» Geld geschaffen und «mit dem Helikopter verteilt», so Eugster. Es gebe – im Unterschied zu historischen Beispielen – keinen Gegenwert für das erzeugte Geld.
«Eigentlich Leergeld»
Er bezeichnete Vollgeld daher als «Leergeld». Für jeden heute geschaffenen Franken gebe es einen Gegenwert, bei der SNB in Form von Devisen, Obligationen und Aktien, bei den Banken in Form von Sicherheiten wie Immobilien. Zahlungsmittel ohne Gegenwert hätten ein generelles Akzeptanzproblem, so Eugster. «Wir schätzen daher die Gefahr einer Währungskrise und eine Abwertung des Frankens als riesig ein.»
Doch damit nicht genug. Laut Minsch müsste wohl der Kleinkunde die Zeche bezahlen, wenn die Banken auf das Zinsdifferenzgeschäft verzichten müssten. Es sei unter anderem mit höheren Kosten zu rechnen. Ausserdem drohe ein «Regulierungs-Tsunami», um Ausweichversuche zu verhindern. Und zu guter Letzt werde die Unabhängigkeit der SNB gefährdet, weil Druckversuche wohl zunehmen würden. Sein Fazit: Die Initiative sei ein «Hochrisikoexperiment». (awp/mc//ps)