Bern – Der Industrieinvestor Giorgio Behr leistet wegen Verletzungen der Offenlegungspflicht bei einer Beteiligung am Industriekonzern sia Abrasives 1 Mio CHF Genugtuung. Im Gegenzug stellt das Finanzdepartement (EFD) ein Verfahren gegen ihn ein.
Wie das EFD am Dienstagmorgen mitteilte, ist mit der Zahlung das vom Behr beim Beteiligungsaufbau an sia Abrasives angerichtete Unrecht ausgeglichen. Die eine Hälfte des Betrags fliesst an gemeinnützige Institutionen, die andere geht an die Bundeskasse. Strafanzeige gegen Behr eingereicht hatte die Finanzmarktaufsicht (FINMA) Mitte März. Behr soll gemäss FINMA beim Versuch der Übernahme des Schleifmittel-Herstellers sia Abrasives mit Hilfe der Bank am Bellevue die Offenlegungspflicht schwer verletzt haben.
Behr zieht Beschwerde seinerseits zurück
Die Bank am Bellevue, bei der Behr einer der Mitbegründer und bis 2005 auch Verwaltungsrat war, hat gemäss FINMA ihre Organisations- und Gewährspflichten ebenfalls schwer verletzt. Sie darf deswegen keine neuen Kunden für Vermögensverwaltung und Anlageberatung anwerben, bis sie organisatorische Mängel behoben hat. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte jüngst eine entsprechende FINMA-Verfügung. Giorgio Behr liess am Dienstag mitteilen, er habe seine beim Bundesverwaltungsgericht eingereichte Beschwerde gegen die FINMA-Feststellungsverfügung zurückgezogen. Mit der Überweisung der Genugtuungssumme sei keine Schuldanerkennung verbunden, hiess es in einem Communiqué seiner Behr Bircher Cellpack Gruppe.
Stimmrechtsanteile an sia Abrasives auf über 20% gesteigert
Behr hatte am 1. April 2008 mitgeteilt, er habe seit 26. März seinen Anteil an sia Abrasives von unter 3% auf über 20% der Stimmrechte gesteigert. Laut FINMA waren die Anteile von der Bank am Bellevue bereits mindestens seit Januar 2008 gekauft worden. Dabei habe sie sia-Aktien auf Rechnung ihrer Kunden gekauft und bei diesen «parkiert», obwohl eine Weiterveräusserung an Behr geplant gewesen sei. sia Abrasives wehrte sich gegen Behrs Übernahmeversuch und gehört inzwischen dem deutschen Bosch-Konzern. Behr konnte seine Beteiligung von schliesslich 40% für knapp 154 Mio CHF verkaufen.
Neues Strafrecht erlaubt Ausrichtung einer Genugtuungssumme
Der Fall Behr ist der vierte rund um eine Verletzung der Meldepflicht, den das EFD nach Zahlung einer Genugtuungssumme einstellt. Die Möglichkeit zu dieser Vorgehensweise besteht seit dem Inkrafttreten des neuen Strafrechts. Die ersten, bei denen die Regel Anwendung fand, waren der russische Oligarch Viktor Vekselberg sowie seine beiden Geschäftspartner Ronny Pecik und Georg Stumpf. Es ging um den Einstieg beim Winterthurer Industriekonzern Sulzer. Das Trio leistete eine Wiedergutmachung von 10 Mio CHF. Im Zusammenhang mit dem Beteiligungsaufbau des Hedgefund Laxey am Baukonzern Implenia leisteten vier Beschuldigte eine Zahlung von 1 Mio CHF. Der Yello-Musiker Dieter Meier schliesslich bezahlte für Verstösse gegen Börsenregeln 250’000 CHF Wiedergutmachung. (awp/mc/ps)