Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.
Bern – Die Schweiz will künftig auch für den britischen Fiskus Steuern erheben. Nachdem sich der Bund vor zwei Wochen mit Deutschland auf die Einführung und die Ausgestaltung einer Abgeltungssteuer einigte, gelang dies nun auch mit Grossbritannien. Wie das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) am Mittwoch mitteilte, haben die Unterhändler der Schweiz und Grossbritanniens die Verhandlungen abgeschlossen und ein Steuerabkommen paraphiert. Es sei weitgehend analog ausgestaltet zum Abkommen mit Deutschland.
Unterschiede haben sich laut Communiqué hauptsächlich durch die verschieden ausgestalteten Steuerordnungen in den beiden Ländern ergeben. Deshalb lägen beispielsweise die Sätze der für Grossbritannien erhobenen Abgeltungssteuer höher als jene mit Deutschland. Konkret sollen die Schweizer Banken in Zukunft auf Kapitalerträgen von britischen Bürgern, die nicht in der Schweiz Wohnsitz haben und ihre Konten gegenüber dem britischen Fiskus nicht offen legen, eine Steuer von 27 bis 48% erheben.
Unterschiedliche Steuersätze
Auf Kapitalgewinnen sollen es 27% sein, auf Dividendenerträgen 40% und auf Zinserträgen sowie sonstigen Einkünften 48%. Diese Sätze liegen leicht unter den britischen Grenzsteuersätzen. Die so erhobenen Gelder werden dann an die britischen Steuerbehörden weitergeleitet. Im Steuerabkommen mit Deutschland beträgt der Steuersatz für alle Formen von Kapitalerträgen und -gewinnen 26,375%.
Einigung auf Umgang mit Altlasten
Wie das EFD in den Medienunterlagen schreibt, wird mit dem Abkommen sichergestellt, dass Kapitalerträge in der Schweiz und Grossbritannien gleich besteuert werden und damit zwischen den beiden Finanzplätzen keine steuerrechtlichen Wettbewerbsverzerrungen mehr bestehen. Die beiden Länder haben sich auch darauf geeinigt, wie mit Altlasten umgegangen werden soll. Zur Nachbesteuerung von Schwarzgeldern sollen die Steuerhinterzieher die Möglichkeit erhalten, ihre Vermögenswerte in der Schweiz entweder offenzulegen oder anonym eine pauschal bemessene Steuer zu entrichten. Diese liegt wie im Vertrag mit Deutschland zwischen 19 und 34% des Vermögens. Die genaue Höhe wird aufgrund der Dauer der Kundenbeziehung sowie des Anfangs- und Endbetrages des in der Schweiz deponierten Kapitals festgelegt.
Schweizer Banken leisten Vorauszahlung von 500 Mio CHF
Damit die britischen Steuerbehörden aus dieser Vergangenheitsbewältigung auf jeden Fall Geld erhalten, einigten sich die Parteien darauf, dass die Schweizer Banken eine Vorauszahlung von 500 Mio CHF bezahlen müssen. Im Falle Deutschlands beträgt diese Garantieleistung 2 Mrd CHF. Um zu verhindern, dass neues unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird, können die britischen Behörden pro Jahr maximal 500 Auskunftsgesuche einreichen. Im Fall von Deutschland sind es auf zwei Jahre zwischen 750 und 999 Gesuche. Gemäss den Medienunterlagen gehen diese Regelungen über den OECD-Mindeststandard hinaus. Das Bankgeheimnis wird damit weiter aufgeweicht. Nach wie vor seien aber Gesuche ins Blaue hinaus – sogenannte «fishing expeditions» – ausgeschlossen, hält das EFD fest. Die Parteien haben sich im weiteren geeinigt, sich gegenseitig den Zutritt zu den Finanzmärkten zu erleichtern. Dies wurde in einem Memorandum festgehalten.
«Kein Anlass mehr für Kauf gestohlener Bankkundendaten»
Die Briten versichern der Schweiz gegenüber zudem, für den «Ankauf von gestohlenen Bankkundendaten keinen Anlass mehr zu sehen». Auch sei die Strafverfolgung von Bankmitarbeitenden wegen der Teilnahme an Steuerdelikten «höchst unwahrscheinlich». Mit der Paraphierung haben die Unterhändler den Vertragstext vorläufig festgelegt. Die Vereinbarung muss nun noch von den Regierungen unterzeichnet werden, was – wie beim Vertrag mit Deutschland – in den nächsten Wochen geschehen soll. Danach müssen die Parlamente in der Schweiz und in Grossbritannien dem Abkommen zustimmen. In der Schweiz untersteht der Vertrag voraussichtlich dem fakultativen Referendum. Er soll Anfang 2013 in Kraft treten. (awp/mc/ps)