Einkaufsmanagerindex zeigt düsteres Bild für Schweizer Konjunktur
Zürich – Die Stimmung in der Schweizer Wirtschaft scheint sich weiter in rasantem Tempo abzukühlen. So ist der Einkaufsmanager-Index Industrie (PMI) im Berichtsmonat Juli deutlich gesunken und notiert mittlerweile so tief wie nie mehr in den letzten zehn Jahren.
Konkret sank der PMI Industrie, der die Stimmung unter den Einkaufsmanagern der Industrie misst, im Juli um 3,0 auf 44,7 Zähler, wie die Credit Suisse am Freitag mitteilte. Die Grossbank berechnet diesen Index gemeinsam mit dem Fachverband für Einkauf und Supply Management (procure.ch). Die Marke von 50 Punkten, die als Wachstumsschelle definiert ist, wurde damit zum vierten Mal in Folge unterschritten.
Letztmals 2009 so tief
Weder während der Rezession in der Eurozone im Jahr 2012 noch nach der deutlichen Aufwertung des Schweizer Frankens im Januar 2015 erreichte der Index ein derart niedriges Niveau. Das letzte Mal war dies im Sommer 2009 der Fall, als die weltweite Wirtschaft wegen der Finanzkrise in eine tiefe Rezession gestürzt war. Der Juli-Wert lag auch deutlich unter den Erwartungen: von der Nachrichtenagentur AWP befragte Ökonomen hatten einen Wert zwischen 46,4 und 49,0 Punkten geschätzt.
Der Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe war im Juli weiter stark rückläufig. Diese Subkomponente des Index steht mit 39,2 Zählern mittlerweile gar auf dem niedrigsten Wert seit April 2009. Dieser Trend dürfte die Produktion in den kommenden Monaten denn auch belasten, wie die CS schreibt.
Die meisten Subkomponenten deuten auf einen Rückgang der Nachfrage hin. Zum einen hätten die Unternehmen ihre Einkäufe deutlich reduziert, zum anderen seien die Lieferfristen den fünften Monat in Folge rückläufig. Trotz der schwachen Nachfrage bestehen laut den CS-Ökonomen derzeit aber keine Hinweise darauf, dass die Verlangsamung auch auf den Arbeitsmarkt übergreifen wird. Die Subkomponente «Beschäftigung» verharrt nämlich weiter im Expansionsbereich und legte sogar leicht zu.
Dienstleister ebenfalls unter 50 gefallen
Ebenfalls weiter an Schwung verloren hat der Dienstleistungssektor. So ist der entsprechende PMI Dienstleistungen im Juli mit 48,2 erstmals auch unter die Marke von 50 Punkten gefallen. Noch im April hatte der Index mit 61,8 Punkten auf ein starkes Wachstum im dritten Sektor hingewiesen.
Die Subkomponente «Geschäftstätigkeit» konnte sich laut den Angaben mit 51,4 Punkten allerdings noch oberhalb der Wachstumsschwelle halten. Dafür verharrte die Subkomponente «Beschäftigte» den zweiten Monat in Folge unterhalb der Wachstumsschwelle und fiel gar auf den niedrigsten Wert seit April 2016. Auch beim PMI Dienstleistungen hatten Ökonomen einen deutlich höheren Wert geschätzt (50,6 bis 55,0).
Es gibt auch andere Signale
Ob die Schweizer Konjunktur derart abkühlt, wie das der PMI anzeigt, muss sich aber noch zeigen. Es gibt auch andere Signale: So ist beispielsweise das KOF-Barometer, das den erwarteten Verlauf der Konjunktur in den nächsten Monaten voraussagt, im Juli deutlich gestiegen, wie die Anfang Woche veröffentlichten Zahlen zeigen.
Die unterschiedliche Richtung der beiden Indikatoren dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass der PMI nur die Industrie respektive das verarbeitende Gewerbe abdecke, während das KOF-Barometer ein Vorlaufindikator für das Schweizer Bruttoinlandprodukt BIP – also für die Gesamtwirtschaft – sei, so UBS-Chefökonom Daniel Kalt gegenüber AWP.
Man habe derzeit weltweit das Phänomen, dass die PMIs für das verarbeitende Gewerbe – vor allem wegen des Handelsstreits – seit letztem Herbst stark rückläufig seien, dass aber die Dienstleistungssektoren sowie Konsum und Arbeitsmärkten noch immer gut liefen. Da der Industriesektor in den meisten entwickelten Ländern heutzutage aber meist nur noch rund einen Fünftel der Wirtschaft ausmache, sei der Rückgang beim PMI denn auch nicht allzu gefährlich – zumindest solange sich das nicht auf den Arbeitsmarkt, den Konsum und die Dienstleistungssektoren auswirke, so Kalt. (awp/mc/pg)