New York – Die US-Behörden nehmen keine Stellung zu Meldungen in Schweizer Medien, wonach in Bern ein Ultimatum des amerikanischen Justizdepartementes zur Übergabe von Kontodaten möglicher Steuerhinterzieher eingegangen sei. Schweizer Sonntagszeitungen hatten berichtet, Staatssekretär Michael Ambühl habe vom stellvertretenden Staatsanwalt James Cole ein Schreiben erhalten, in dem die Amerikaner deutliche Forderungen stellten, die bis Mitte dieser Woche erfüllt sein müssten.
Ob ein solches Ultimatum gestellt wurde, wollen die US-Behörden aber nicht bestätigen. Zu diesem Zeitpunkt gebe das Justizdepartement in dieser Sache keinen Kommentar ab, sagte Charles Miller, Sprecher der Justizbehörden auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda am Dienstag. Auch die Steuerbehörde IRS und das Aussenministerium waren zu keiner Stellungnahme bereit.
Verhandlungen an einem kritischen Punkt
Der Anwalt Scott Michel der Kanzlei Caplin&Drysdale in Washington, der in den USA steuerpflichtige Personen berät, hofft auf ein Abkommen zwischen der Schweiz und den USA, mit dem der Steuerdisput geregelt werden kann. Es sehe aber so aus, als hätten die Verhandlungen einen kritischen Punkt erreicht. «Das US-Justizdepartement ist nicht zufrieden mit dem bis jetzt Erreichten», sagte Michel der sda. Bevor aber drakonische Massnahmen ergriffen würden, sei zu erwarten, dass sich auch andere Regierungsorgane in der Sache zu Wort melden, hiess es aus dem Finanz- und dem Aussenministerium sowie aus der US-Notenbank.
Keine juristische Eingabe, sondern Forderungsbrief
Beim Brief der US-Staatsanwaltschaft an die Schweiz dürfte es sich laut Michel nicht um eine juristische Eingabe handeln, sondern um einen Forderungsbrief, in dem die US-Justiz bestimmte Daten auf einen konkreten Abgabetermin hin fordert und darauf hinweist, dass andernfalls juristische Schritte eingeleitet werden könnten.
John Doe Summons – Vorladung an Unbekannt
Gemäss dem Anwalt haben die US-Behörden verschiedene Möglichkeiten, rechtlich vorzugehen: Gegen Banken, die auf dem US-Markt tätig sind – zum Beispiel die Credit Suisse -, könnte ein sogenannter John Doe Summons, eine Vorladung an Unbekannt, mit der Kontodaten angefordert werden, eingereicht werden, wie dies im Steuerstreit mit der UBS geschah. Gegen Finanzunternehmen und Individuen, die nicht in den USA tätig sind, könnten sowohl zivil- wie strafrechtliche Klagen eingereicht werden. Die US-Notenbank könnte ausserdem regulatorische Massnahmen ergreifen. (awp/mc/pg)