Elcom-Präsident: Reservekraftwerke nur für den äussersten Notfall
Bern – Die geplanten Reserve-Gaskraftwerke kommen laut Elcom-Präsident Werner Luginbühl nur im Notfall zum Einsatz. Zuerst werde bei einer drohenden Mangellage vorzugsweise Wasserkraft abgerufen, sagte am Mittwoch vor den Medien in Bern.
Insgesamt ist für den Präsidenten der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) allerdings kaum ein Szenario denkbar, das einen längeren Einsatz von Reservekraftwerken mit Gas oder Öl notwendig machen würde. Dies, weil die Schweiz eine erhebliche Eigenproduktion hat und Importe im Winter auch im ungünstigen Fall weiterhin möglich sein dürften. Am ehesten kritisch werden könnte es laut Luginbühl in der zweiten Hälfte des Winters, wenn zu wenig Strom importiert werden kann.
Der Nutzen einer kombinierten Reserve aus Wasserkraft und thermischer Kraft sei gross. So sei man in der Lage, kurzzeitig grosse Leistungsspitzen abzudecken. Mit den Reservekraftwerken könne allenfalls auch die Durchhaltefähigkeit der Wasserkraftreserve verlängert werden.
Abgerufen werden sollen diese Reserven nur, wenn der Markt nicht mehr spielt. Dabei ist laut Luginbühl darauf zu achten, dass bei Marktkorrekturen keine Fehlanreize entstünden. Geplant ist ein restriktiver Einsatz, «nur dann, wenn Knappheit am Markt droht und die Versorgungssicherheit gefährdet ist». Die Elcom werde das Abrufkonzept konkretisieren und über Szenarien vorbereiten.
Leichte Entspannung am Markt
In seiner Einschätzung der aktuellen Versorgungssituation sprach Luginbühl von einer gewissen Entspannung, auch wenn sich die Preise immer noch auf sehr hohem Niveau bewegten. Der jüngst erfolgte deutliche Preisabschlag weise indes auf ein gestiegenes Vertrauen der Marktakteure hin.
Verhalten zuversichtlich stimme ihn, dass Frankreich seine in Revision befindlichen Kernkraftwerke schnell wieder anfahren wolle, dass die Gasspeicher in Europa gut gefüllt seien und dass Deutschland seine drei verbliebenen Kernkraftwerke bis im April weiterbetreibe.
Trotzdem bleiben die Risiken bezüglich der Versorgungssicherheit für Luginbühl «beträchtlich». Es gebe Anzeichen für eine Knappheit. Es gebe Unsicherheiten bezüglich der Gaslieferungen und der tatsächlichen Wiederinbetriebnahme der französischen Kernkraftwerke.
Zudem sei offen, wie sich das Wetter im Winter zeige. Glücklicherweise habe es im Herbst geregnet, so Luginbühl. «Wir sind am unteren Rand eines normalen Füllstandes».
Sommaruga ist Birr dankbar
Der Zeitdruck beim Aufbau der Reservekraftwerke in der Schweiz sei enorm, sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga. Deshalb sei sie glücklich über die Akzeptanz der Aargauer Kantonsbehörden und der Gemeindebehörden von Birr AG, sich darauf einzulassen. Das sei für die ganze Schweiz wichtig, und dafür sei sie sehr dankbar.
Sommaruga wie Luginbühl räumten ein, die Bereitstellung von Krisenreserven sei mit Kosten verbunden in den kommenden vier Jahren. Aber eine Mangellage oder gar ein Blackout käme noch viel teurer zu stehen, betonten beide. Man versuche, mit minimalem Mitteleinsatz ein Optimum an Wirkung zu erzielen. (awp/mc/pg)