Als Kronfavorit gehandelt: Der Bündner Heinz Brand. (Foto: parlament.ch)
Bern – Elf SVP-Kandidaten sind offiziell im Rennen um den freien Bundesratssitz. Acht Deutschschweizer, zwei Westschweizer und ein Tessiner wurden von ihren Kantonalparteien nominiert – oder meldeten sich gleich selbst bei der Findungskommission. Frauen sind keine dabei.
Zwei weitere Kandidaten wurden am Freitag bekannt. Die Baselbieter SVP nominierte Nationalrat Thomas de Courten. Konkurrenz erhält er aus dem eigenen Halbkanton: Bundesverwaltungsrichter David Weiss reichte überraschend seine Kandidatur selbst bei der Findungskommission ein.
De Courten und Weiss gesellen sich zu den neun Kandidaten, die in den vergangenen Tagen nominiert wurden: Heinz Brand (GR), Hannes Germann (SH), Thomas Hurter (SH), Albert Rösti (BE), Thomas Aeschi (ZG), Res Schmid (NW), Oskar Freysinger (VS), Guy Parmelin (VD) und Norman Gobbi (TI). Die Frist zur Einreichung der Kandidaturen läuft offiziell am heutigen Freitag um Mitternacht ab.
Hardliner und Konziliante
Unter den elf Kandidaten finden sich sowohl Hardliner als auch SVP-Politiker, die nicht immer auf Parteilinie sind. Als Kronfavorit gehandelt wird seit Wochen der Bündner Nationalrat Heinz Brand, mit 60 Jahren der älteste der elf Kandidaten. Der umgängliche Migrationsexperte gilt im Parlament als mehrheitsfähig, fiel aber zuletzt mit extremen Positionen auf. Der langjährige Chef der Bündner Fremdenpolizei hat seit vielen Jahren das Image eines Asyl-Hardliners und politisiert auf Parteilinie.
Anders der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann: Er weicht in verschiedenen Fragen von der Haltung der SVP-Strategen ab. Germann gilt als gemässigter SVP-Vertreter und wird weit über die Parteigrenzen hinaus geschätzt. Neben Germann schickt die Schaffhauser SVP auch Nationalrat Thomas Hurter ins Rennen. Er machte sich unter anderem als Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission einen Namen und gilt als einer der Kandidaten, die zwar auf SVP-Linie politisieren, aber keine Dogmatiker sind.
Röstis Handicap und der Baselbieter Unbekannte
Der jüngste der elf Kandidaten ist Thomas Aeschi. Der 36-jährige Nationalrat holte bei den Wahlen im Oktober von allen Zuger Kandidierenden mit Abstand die meisten Stimmen. Mit ihm wäre auch die jüngere Generation im Bundesrat vertreten, warb die SVP Zug. Eine feste Grösse innerhalb der SVP ist der Berner Nationalrat Albert Rösti. Er hat aber das Handicap, dass sein Kanton bereits doppelt in der Regierung vertreten ist. Für die Nidwaldner SVP will der kantonale Bildungsdirektor und Sicherheitsexperte Res Schmid in den Bundesrat. National ins Rampenlicht trat er im Sprachenstreit.
Selbst im eigenen Kanton kaum bekannt ist der Baselbieter David Weiss. Die Baselbieter SVP-Parteileitung unterstützt seine Kandidatur, nominierte aber nur Nationalrat Thomas de Courten.
Keine Sorge um fehlende Bekanntheit muss sich der Walliser SVP-Staatsrat und zurücktretende Nationalrat Oskar Freyinger machen. Sein gewichtigster Nachteil sei seine freimütige Ausdrucksweise, sagte er selbst von sich. Aus der Westschweiz tritt zudem Nationalrat Guy Parmelin an. Der Waadtländer gilt als mild in der Form, aber hart im Inhalt.
Die italienische Schweiz, die seit 1999 nicht mehr im Bundesrat vertreten ist, könnte dank Norman Gobbi einen Bundesratssitz erobern. Der für die Bundesratswahl zur SVP übergetretene Lega-Politiker machte im Sommer von sich reden, als er wegen der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen eine Schliessung der Tessiner Grenze forderte.
Brunner will Dreierticket
Die Kandidaten werden von der eigens eingesetzten Findungskommission geprüft. Um ein Debakel wie 2011 mit dem Fall Zuppiger zu verhindern, müssen sie unter anderem einen Strafregisterauszug vorlegen. Die Empfehlungen der Kommission werden am kommenden Montag an einer Fraktionsvorstandssitzung gesichtet; am Freitag entscheidet die Fraktion, wen sie als Bundesratskandidaten nominiert.
SVP-Parteipräsident Ton Brunner sagte jüngst in einem Interview, er wolle mit einem Dreierticket in die Wahlen gehen, mit je einem Kandidaten aus jeder Sprachregion. Folgt die Fraktion diesem Vorschlag, wäre Gobbi ein Platz auf dem Ticket beinahe sicher, während die acht Deutschschweizer Kandidaten um einen Platz kämpfen müssten.
Das letzte Wort aber hat das Parlament – und dieses entscheidet sich nicht immer für den offiziellen Kandidaten, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Die SVP hat für diesen Fall aber vorgesorgt: Parteimitglieder, die entgegen dem Vorschlag der Fraktion die Wahl in den Bundesrat annehmen, werden laut Statuten ausgeschlossen. (awp/mc/pg)