Engelberg – Symposien für Manager gibt es zuhauf und immer neue Angebote buhlen um Teilnehmer. Und dann gibt es Anlässe, die eigentlich eher fast Treffen von Freunden sind, nach Jahrzehnten Institutionen mit eigenem Gepräge, thematisch auf der Höhe, aber nicht den kurzfristigen Trends verpflichtet. Zu diesen gehört eindeutig das Engelberger Symposium.
Von Helmuth Fuchs
Auch beim 33. des von Bernd und Susanne Remmers ins Leben gerufene und geprägte Symposium, jetzt von der Tochter Nina organisiert und weiter entwickelt, ist die persönliche und unverwechselbare Prägung geblieben. Dazu trägt nicht unwesentlich der Veranstaltungsort, das Kloster Engelberg bei, aber auch die Teilnehmenden und die Referentinnen.
Referenten ohne Powerpoints, Videos oder Fotos
Die rund 80 Teilnehmer sind, wie andernorts auch, mehrheitlich Männer (aber zum Glück nicht nur), alle in obersten Führungspositionen mit viel Führungserfahrung. Was in dieser Mischung das Risiko in sich birgt, zu einem überbewerteten Silberrücken-Brusttrommelwettbewerb zu verkommen, entwickelt sich aber genau in die gegenteilige Richtung. Offenbar sind die Teilnehmer zum einen selbstbewusst genug, um sich nicht inszenieren zu müssen, aber auch offen genug, sich auf neue Ideen einzulassen und sich in die Rolle der Lernenden zu begeben.
Die Auswahl der Referentinnen ist zudem ein weiteres Mittel, die zweitägige Veranstaltung im Meer der oft sehr flachen Angebote zu einer Insel voll spannender Momente und Eindrücke werden zu lassen. Der Philosoph, Historiker und Schriftsteller Philipp Blom eröffnet mit nicht einfach zu verdauender Kost über “Wir überforderten Primaten“ das Symposium. Danach entführt die Extremsportlerin und Abenteurerin Evelyne Binsack die Teilnehmer in die Todeszone des Mount Everests und in die Eiseinöde des Nord- und Südpols. Obschon sie, wie alle Präsentatoren, keine Videos, Bilder oder Powerpoint-Präsentationen verwenden darf (ein weiterer wohltuender Unterschied zu anderen Veranstaltungen), schafft sie es durch die authentische Schilderung sehr persönlicher Erlebnisse, die Zuhörer zu fesseln und berühren. Marco Gadola, CEO von Straumann und mehrfacher Verwaltungsrat, gibt dann einen sehr direkten Einblick in den Turnaround des Unternehmens. Von der Phase der Resignation bis zum nachhaltigen Erfolg mit eigenmotivierten Mitarbeitern zeigt er eindrücklich und sehr konkret auf, mit welchen Mitteln und Massnahmen Straumann wieder auf die Erfolgsschiene geführt wurde.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Mensa des Klosters gab Mark Lambertz, hinterfragt und herausgefordert durch Bernd Remmers, Einblicke in die Vorgehensweise eines Digital Natives, kooperative und inkrementelle Methoden, die schnelle und gezielte Interaktionen mit Kunden und Mitarbeitern fördern. Den Abschluss machte die begnadete Sängerin, Musikerin, Philanthropin und Thai Chi / Qi-Gong-Lehrerin Dechen Shak-Dagsay. Die Musik und Ihr Gesang erfüllte den klösterlichen Saal und die Teilnehmer lange über das Verklingen des letzten Tones hinaus.
Am zweiten Tag konnten die Teilneher zwischen vier völlig unterschiedlichen Workshops mit Evelyne Binsack, Marco Gadola, Mark Lambertz und Dechen Shak-Dagsay wählen, bevor der bekannte Moderator, Journalist und Physiker Ranga Yogeshwar mit einer umfassenden geschichtlichen Betrachtung zum Thema Tempo einen fulminanten Schlusspunkt des Symposiums setzte.
Nebst der Familie Remmers, der geschickten Themen- und Präsentatorinnen-Wahl, dem unvergleichlichen Ambiente des 900-jährigen Klosters, war auch der Moderator Flurin Caviezel der Garant für einen erfolg- und erlebnisreichen Anlass. Sein Sprachwitz, die wohl umfassendste Sammlung irrwitziger Instrumente und seine musikalischen Einlagen sorgten jederzeit für den roten Faden, die zusammenführende Klammer der unterschiedlichen Themen.
Am Ende der Veranstaltung war eines für alle klar: Da möchte man gerne wieder dabei sein am 26. und 27. November 2020. Die in der Online-Welt als Gral für den Erfolg zelebrierte „Community“ hat sich hier in der Realität schon seit über 30 Jahren entwickelt, ohne Staub anzusetzen oder gewöhnlich zu werden. Im eigenen Tempo, mit immer wieder frischen und relevanten Sichten.