ENSI fordert von den AKW Nachbesserungen

Hans Wanner

ENSI-Direktor Hans Wanner.

Brugg AG – Alle fünf Schweizer AKW dürfen trotz Schwachstellen bei der Lagerung von Brennelementen vorerst am Netz bleiben. Sie müssen beim Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) nachweisen, dass sie gegen starke Erdbeben und Hochwasser gerüstet sind.

Die erste Überprüfung der als Konsequenz der Atomkatastrophe in Japan geforderten Berichte der AKW-Betreiber zeige Schwachstellen bei der Lagerung der Brennelemente auf, wie das ENSI am Donnerstag vor den Medien in Brugg AG mitteilte.

«Keine unmittelbare Gefahr für Bevölkerung»
Bei den flusswassergekühlten AKW Mühleberg BE und Beznau AG sei die Kühlung der jeweiligen Brennelementbecken «nicht genügend vor Erdbeben und Überflutung geschützt». Bei den AKW Gösgen SO und Leibstadt AG würden jeweils der Füllstand und die Temperatur des Brennelementbeckens nicht im Notleitstand angezeigt. Um diese Mängel zu beheben, müssen die Betreiber bei der Aufsichtsbehörde bis am 31. August Verbesserungsmassnahmen einreichen. Die Schwachstellen stellten jedoch keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung dar und erforderten deshalb keine vorläufige Ausserbetriebnahme, hält die Aufsichtsbehörde fest.

Sofortmassnahme: Externe Lager bereit stellen
Als Sofortmassnahme muss bei allen AKW bis zum 1. Juni ein externes Lager bereitstehen, in dem für den Notfall zusätzliche Sicherheitsausrüstungen bereitstehen. Dort sollen etwa Notstromaggregate, mobile Pumpen und Treibstoff zur Bekämpfung von schweren Unfällen vorhanden sein. Das hatte das ENSI bereits Mitte März verfügt. Die AKW-Betreiber müssen als Folge der Katastrophe in Japan drei weitere Sicherheitsnachweise erbringen. Bis zum 30. Juni haben die Betreiber aufzuzeigen, dass sie ein Hochwasser, wie es alle 10’000 Jahre droht, bewältigen können. Bis zum 31. März 2012 verlangt das ENSI den gleichen Nachweis bei einem Erdbeben. Die Betreiber müssen bis zum gleichen Zeitpunkt nachweisen, dass die Kombination von Erdbeben und erdbebenbedingtem Versagen der Stauanlagen im Einflussbereich des AKW beherrschbar ist. Dieser Nachweis betrifft vor allem das AKW Mühleberg.

Empfehlungen für Notfallmanagement
Wenn ein Schadensfall mit erhöhter Strahlenbelastung nicht ausgeschlossen werden kann, wird das ENSI nach eigenen Angaben die vorläufige Ausserbetriebnahme des entsprechenden AKW verfügen. Für allfällige Nachrüstungen müsste die Anlage abgeschaltet bleiben. Das ENSI gab auch eine Empfehlung an die Adresse der für das Notfallmanagement zuständigen Bundesbehörden ab. Diese sollen dafür sorgen, dass bei schweren Unfällen spezialisierte Einheiten mit ihrem Personal und Material schnell zur Unterstützung der AKW-Betriebsmannschaften beigezogen werden können.

BKW hält ENSI-Verfügung für «streng»
Die Atom-Aufsichtsbehörde ENSI hat nach Auffassung der Mühleberg-Betreiberin BKW eine «strenge Verfügung» erlassen. Der bernische Energiekonzern kündigte an, man werde termingerecht Vorschläge zur weiteren Erhöhung der Sicherheit einreichen. Für die BKW werde der sichere Betrieb des AKW Mühleberg immer Priorität haben, beteuerte der Energiekonzern und stellte fest, dass auch in den Augen des ENSI keine kurzfristigen Massnahmen notwendig seien.

«Massnahmen deutlich über bisherigen Vorgaben»
In der Vergangenheit habe das ENSI das AKW Mühleberg stets mit «guten Prädikaten» bewertet. Die nun geforderten Massnahmen im Bereich der Kühlmittel-Versorgung des Notstandssystems, des Brennelement-Lagerbeckens und der Brennelement-Lagerbeckenkühlung, gingen «deutlich über die heute bestehenden Vorgaben hinaus». Die BKW anerkenne, dass die neuen Forderungen eine weitere Verbesserung des Sicherheitsniveaus möglich machten. Sie werde nun alle technisch und baulichen Möglichkeiten unter die Lupe nehmen. Dazu gehörten etwa verschiedene Varianten einer diversitären Kühlmittelversorgung des bestehenden Notstandssystems SUSAN. Zu den möglichen Kosten wollte die BKW am Donnerstag keine Angaben machen. Das sei noch nicht möglich, hiess es.

Beznau will ENSI-Forderungen umsetzen
Das AKW Beznau im Kanton Aargau will die Forderungen ENSI zeitgerecht umsetzen. Dies teilte der Energiekonzern Axpo als Betreiber der beiden Reaktoren I und II am Donnerstag mit. Das ENSI habe nach der Sicherheitsüberprüfung «weitreichende Forderungen» erhoben, die deutlich über den bereits sehr strengen gesetzlichen Rahmen für Schweizer AKW hinausgingen. Das Kernkraftwerk Beznau (KKB) erkenne an, dass damit weitere Verbesserungen erzielt werden könnten. Die Kosten der Umsetzung lägen «im zweistelligen Millionenbereich», wie eine Unternehmenssprechering gegenüber AWP ergänzte. Die Überprüfung habe gezeigt, dass die Beznauer Anlagen allen lokal zu erwartenden Erdbebenstärken und allen physikalisch möglichen Hochwasser-Szenarien standhalten würden. Das KKB sei seit seiner Inbetriebnahme umfassend sicherheitstechnisch nachgerüstet worden. Die Reaktoren hätten jederzeit alle Anforderung der Aufsichtsbehörden erfüllt und der sichere Betrieb der Anlagen sei auch ohne die neuen Anforderungen immer gewährleistet gewesen, hält die Axpo fest. (awp/mc/upd/ps)

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