Anklage wegen gewerbsmässigem Betrug, Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung: Rolf Erb.
Winterthur – Im Strafprozess gegen Unternehmer Rolf Erb gibt es – zumindest zunächst – kein Zusatzgutachten zur Ertrags- und Vermögenslage der Erb-Gruppe in den Jahren vor dem Zusammenbruch Ende 2003. Das Bezirksgericht Winterthur hat am Donnerstag einen entsprechenden Antrag der Verteidigung abgelehnt. Die Verteidigung ist überzeugt, dass neue Gutachter darlegen könnten, dass die Erb-Gruppe in den Jahren 1998 bis 2003 nicht überschuldet war. Nötig dazu sei eine konsolidierte Sicht des Gesamtkonzern.
Die stillen Reserven der Unternehmergruppe seien im amtlichen Gutachten, auf das sich die Anklage abstützt, vollständig ausgeblendet worden, sagte der Verteidiger am dritten Prozesstag. Im Moment sei ein neues Gutachten noch nicht angezeigt, sagte der Gerichtsvorsitzende. Erst werde das Gericht die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung anhören. Erst dann werde es entscheiden, ob Ergänzungsfragen an die Gutachter gestellt werden oder ein völlig neues Gutachten in Auftrag gegeben werden soll. Lücken und Mängel seien erst nach den Parteivorträgen ersichtlich, sagte der vorsitzende Richter.
Keine Aktien unterschlagen
Abgewiesen hat das Gericht auch den Antrag, es seien für den Prozess weitere Akten beizuziehen. Zudem seien die Sekundärakten zu den Firmen, die bei der Staatsanwaltschaft im Keller lagerten, ausreichend dokumentiert. Die Verteidigung hatte Abklärungen beantragt, ob Urkunden unterdrückt worden seien. Ein Vertrauter des Beschuldigten hatte sich am Mittwoch beim Gericht gemeldet mit dem Angebot, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen. Er wollte Auskunft geben über die Vernichtung von Akten aus den Räumlichkeiten der Erb-Gruppe im Auftrag der Liquidationsgesellschaft. Diese Aktion war nach Ansicht des Gerichts nicht relevant. Sie erfolgte erst zu einem Zeitpunkt, als die Staatsanwaltschaft die ihr erforderlich erscheinenden Akten gesichert hatte.
Luxusleben weiterführen wollen
Die Staatsanwältin sagte in ihrem Plädoyer, der Milliardenkonzern sei nicht durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zusammengebrochen. Rolf Erb sei auch nicht das Opfer einer Schlammschlacht, wie er sich selber gerne darstelle. Er habe vielmehr die Banken mit manipulierten Bilanzen getäuscht, weil er sein Luxusleben nicht habe preisgeben wollen. Mit Aussagen von Bankenvertretern belegte die Staatsanwältin, dass Rolf Erb und nicht sein Vater Hugo Erb in den fraglichen Jahren der Hauptansprechpartner für die Kreditgeber war. Bei den Gesprächen über die finanzielle Lage sei er jeweils der Wortführer gewesen und habe die bilanzanalytischen Fragen der Bankenvertreter beantwortet.
Nicht der «reisende Aussenminister» gewesen
Er sei nicht etwa der «reisende Aussenminister» gewesen, der in der Hälfte des Jahres im Ausland unterwegs war und keine grossen Buchhaltungskenntnisse hatte, sagte die Staatsanwältin. Dies sei eine «reine Schutzbehauptung». Mit Schriftgutachten sei auch nachgewiesen worden, dass handschriftliche Vermerke «mit hoher Wahrscheinlichkeit» von ihm angefertigt worden waren. Rolf Erb habe die Banken arglistig getäuscht, in dem er die Finanzlage der Erb-Firmen massiv beschönigte, sowohl in Jahresberichten wie auch in seinen Antworten auf kritische Fragen der Bankenvertreter. Die manipulierten Jahresrechnungen seien die entscheidende Grundlage für die Kreditinstitute gewesen. Wenn ihnen die tatsächliche Lage der Firmen bekannt gewesen wären, hätten sie gemäss Anklage die Zinsen erhöht oder die Kredite gekündigt. Die Banken seien aber nicht in der Lage gewesen, den Schwindel zu erkennen. (awp/mc/ps)