Zürich – Trotz eingetrübter Wirtschaftslage hat die Anzahl Fusionen und Übernahmen mit Schweizer Beteiligung 2022 ein neues Rekordhoch erreicht – so viele Fusionen und Übernahmen gab es seit über zehn Jahren nicht mehr. 2022 übertrifft sogar das bisherige Rekordjahr 2021: damals waren es noch 604 Fusionen und Übernahmen mit einem Volumen von knapp USD 170 Mrd.
«Die rege Aktivität auf dem Schweizer M&A-Markt zeigt, dass Fusionen und Übernahmen nachhaltig ein integraler Bestandteil vieler wachstumsorientierter Unternehmensstrategien sind. Die Tatsache, dass Private Equity-Gesellschaften wiederum an rund einem Drittel aller Deals beteiligt sind, ist zudem Zeichen einer soliden Kapitalverfügbarkeit am Markt», erklärt Timo Knak, Leiter Mergers & Acquisitions von KPMG. Er rechnet auch für das Jahr 2023 mit einem aktiven M&A-Geschäft: «Die Investorenstimmung ist trotz anhaltender Lieferkettenproblemen, Ukrainekrieg sowie steigender Zinsen nach wie vor durchaus positiv.»
Grösste Aktivität in der Technologie-Branche
Fast die Hälfte aller Transaktionen fallen auf die Telekommunikations- und Technologie-Branche (TMT), auf die Industrie sowie auf den Pharmasektor und Life Sciences. Mit 124 Transaktionen und einem Deal-Volumen von mehr als USD 14.5 Mrd. war die TMT-Branche der aktivste M&A-Markt, gefolgt von der Industrie mit 89 Deals und einem Volumen von USD 6.5 Mrd. In der Pharma- und Life Sciences-Branche wurden 82 Deals mit einem Wert von knapp USD 13 Mrd. abgewickelt.
Schweizer Firmen haben auch 2022 deutlich mehr ausländische Firmen aufgekauft als umgekehrt: 283 Zukäufe stehen 152 Verkäufen gegenüber. Nationale Transaktionen (Schweiz/Schweiz) machten rund ein Fünftel aller Fusionen und Übernahmen mit Schweizer Beteiligung aus (127 Deals). Rund 13% aller Transaktionen sind auf ausländische Transaktionen mit Schweizer Verkäufer zurückzuführen (85 Deals).
Zwei Mega-Deals in der Chemie- und Konsumgüterbranche
Die zehn grössten Fusionen und Übernahmen machten 2022 mit rund USD 81.5 Mrd. knapp 60% des Gesamtvolumens aus. Die grösste Transaktion mit einem Wert von knapp USD 21 Mrd. ist die Übernahme des Duftstoffherstellers Firmenich SA durch die niederländische Royal DSM, eine weltweit führendere Anbieterin von Nahrungsmittelzusätzen. Mit einem Transaktionsvolumen rund USD 19 Mrd. folgt die Übernahme der schwedischen Streichholz- und Tabakproduzentin Swedish Match AB durch den Schweizer Tabakkonzern Philip Morris International.
Nachhaltigkeit zunehmend wichtiges Entscheidungskriterium bei Übernahmen
Gemäss einer KPMG Umfrage* lassen 82% der Marktteilnehmenden Nachhaltigkeitsüberlegungen in Fusionen und Übernahmen einfliessen. So führen heute bereits 40% der Befragten regelmässig eine ESG Due Diligence-Prüfung durch – gegenüber 28% der befragten Unternehmen, die aktuell gänzlich darauf verzichten. KPMG geht aufgrund der Umfrage davon aus, dass dieser Wert auf künftig 5% sinken dürfte.
«Nachhaltigkeitsüberlegungen wirken sich auch auf den effektiven Transaktionspreis aus», so Florian Bornhauser, Due Diligence-Experte von KPMG. So ist die Hälfte der Befragten bereit, einen Nachhaltigkeits-Zuschlag von 1-5% zu bezahlen, 15% der Befragten würden 5-10% mehr bezahlen, 3% der Befragten sogar einen Aufpreis von mehr als 10%, falls ESG-Kriterien erfüllt sind. «Dies hat einerseits damit zu tun, dass sich zukaufende Unternehmen ESG-Risiken und deren potenziellen finanziellen Implikationen zunehmend bewusst sind. Andererseits gibt es aber auch immer mehr Investoren, die erkannt haben, dass eine positive ESG-Performance ein Indikator für professionelles Management ist und damit einen direkten Einfluss auf den Unternehmenswert hat».
Gleichzeitig gibt es in der Praxis immer noch erhebliche Herausforderungen bei der Durchführung einer ESG Due Diligence. Insbesondere die Definition eines angemessenen Prüfungsumfangs, das Erhalten von zuverlässigen Daten seitens des Zielunternehmens sowie die Quantifizierung der Ergebnisse stellen Investoren vor Herausforderungen. In diesem Zusammenhang zeigten die Umfrageergebnisse auch auf, wie die fortgeschrittensten Investoren – insbesondere internationale Finanzinvestoren – diesbezüglich vorgehen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. (KPMG/mc)