Europa Forum Luzern erfolgreich beendet

Europa Forum Luzern erfolgreich beendet

Christof Frei, Secretary General, World Energy Council. (Foto: Europa Forum Luzern)

Luzern – „Energiepolitik ist heute Klimapolitik und Wirtschaftspolitik. Jedes Land agiert verschieden, aber die Auswirkungen sind international.» Mit diesen Worten hat Bundesrätin Doris Leuthard die aktuelle Energie-Situation am öffentlichen Abend des Europa Forum Luzern vor über 1‘000 Interessierten zusammengefasst.

„Weltweit hat sich die Bevölkerung im letzten Jahrhundert vervierfacht. Der Energiehunger hat sich vervierzigfacht. Mehr Menschen, mehr Wirtschaftswachstum, mehr Mobilität – dieses Wachstum führt zu einem globalen Temperaturanstieg und einer dramatischen Erhöhung der CO2- Emissionen. Damit die weltweite Energienachfrage gedeckt werden kann, ist eine stärkere Koordination gefragt. Dieses internationale Umfeld können wir Schweizer nur marginal beeinflussen. Aber wir können unseren eigenen Verbrauch steuern, mittels Forschung neue Technologien ermöglichen und damit einen Nutzen für alle stiften. Mit der Energiestrategie steht die Energieeffizienz im Fokus. Im Moment sind die Preise zwar tief, daher sind die Anreize nicht gar so gross. Aber mit steigenden Preisen werden sich die Investitionen wieder auszahlen“, zeigte sich Bundesrätin Doris Leuthard überzeugt.

Denn was wir mit der Energiestrategie in dieser Generation nicht lösen könnten, führe zu schmelzenden Gletschern, einer Veränderung des Weltklimas und damit auch zu einer Erhöhung des Meeresspiegels. Es brauche ein weltweites, gemeinsames Vorgehen, damit wir unseren Kindern eine Welt hinterlassen, in der das Leben immer noch lebenswert sei, so die Magistratin.

Lenkungsabgabe versus Subventionen
In der anschliessenden Podiumsdiskussion wurde über die Stärken und Schwächen der schweizerischen Energiepolitik debattiert. Remo Lütolf, CEO von ABB Schweiz, meinte, dass man mit der derzeitigen Diskussion im Parlament zur Energiestrategie auf dem richtigen Weg sei. Die eingesparte Energie sei natürlich die günstigste, der Ausbau von erneuerbaren Energien sei möglich, aber dennoch bestehe ein CO2-Problem. Einstimmig begrüsste die Runde denn auch eine CO2-Lenkungsabgabe. Lino Guzzella, ETH-Präsident, ortete bei den Speichermöglichkeiten grössere Herausforderungen.

Robert Lombardini, Verwaltungsratspräsident Axpo-Holding, monierte die internationale Subventionierung von Strom aus Sonne und Wind, die der Energieindustrie in der Schweiz derzeit sehr zu schaffen mache. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer merkte an, dass es eine gewisse technologische Anschubfinanzierung brauche, denn die Energiewende sei nicht kostenlos zu haben. Dafür brauche es aber verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen. Einig war sich die Runde auch, dass die Eigenverantwortung gefordert sei: Jeder einzelne könne sehr viel in Sachen Energieeffizienz in der Nutzung von erneuerbaren Energien und bei der Mobilität beisteuern.

Energieversorgung: die globale Herausforderung
Anlässlich des Symposiums vor 300 Fachleuten vermittelte Christoph Frei vom World Energy Council einen Überblick zur weltweiten Energiesituation: „Die Welt steht energiepolitisch vor riesigen Herausforderungen. Aufgrund des wirtschaftlichen Wohlstands und des Bevölkerungswachstums in aufstrebenden Schwellenländern wie Indien und China muss das globale Energiesystem weiter ausgebaut und transformiert werden. Das erklärte Klimaziels einer maximalen Erwärmung von 2 Grad kann in Europa wohl eingehalten werden, nicht aber in Asien. Für den Aufbau der Energiewende braucht es riesige Investitionen sowie eine weltweite CO2-Lenkungsabgabe.“

Zur Situation in Europa meinte Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP): „Das Grundprinzip der EU-Energiepolitik ist auf Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet. Dabei setzt jedes Land seine eigenen Prioritäten. Die Energie-Union ist eine Konsensformel zur Überdeckung verstärkter interner Konflikte und wachsender konzeptioneller Widersprüche. Demnächst wird in Brüssel eine neue Energievorlage für ein Energy-Government präsentiert, die den Rahmen bis 2030 in der Energie- und Klimapolitik absteckt“.

„Es ist drei nach zwölf“
Die Folgen des Klimawandels wie Temperaturanstieg oder Trockenheit seien bereits heute in der Schweiz spürbar. Deshalb brauche es eine radikale Transformation der Wirtschaft, ansonsten könnten die gesteckten Klimaziele bis 2050 nicht erreicht werden, forderte Professor Andreas Fischlin von der ETH Zürich. Die grossen Herausforderungen für die Schweizer Energieversorgung skizzierte Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie: „Die Schweizer Strombilanz ist ernüchternd. Im Sommer exportieren wir Strom, im Winter importieren wir und sind damit immer noch abhängig vom Ausland. Diese Abhängigkeit muss Schritt für Schritt reduziert werden. Dazu braucht es mehr Energieeffizienz bei Gebäuden, in den Unternehmen sowie in der Mobilität. Ebenfalls gefordert sind wir beim Energienetz und den Speichermöglichkeiten.“

Einige Referenten wiesen auf die hohen Investitionen hin – die Schätzungen gehen von 5 Mia. bis 18 Mia. Franken für den Schweizer Netzausbau. Hier sei die Finanzwirtschaft gefordert, meinte Dominik Bollier von Credit Suisse Energy Infrastructure Partners. Sie solle Anlageprodukte schaffen, damit beispielsweise Pensionskassen längerfristig Geld in die Energiewirtschaft investieren könnten. Dazu brauche es aber bessere Rahmenbedingungen: Die Politik müsse Rechtssicherheit schaffen, damit die Finanzanlagen planbar und zeitnah realisiert werden könnten.

Das 29. internationalen Europa Forum war wiederum ein voller Erfolg. Am Fachsymposium trafen sich weit mehr als 300 Entscheidungsträger der Energiebranche zum Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Die öffentlichen Abendveranstaltung war mit mehr als 1’000 interessierten Besucherinnen und Besucher bereits seit Wochen ausgebucht. (EFL/mc)

Europa Forum Luzern 

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