Bern – Der neue Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) heisst Thomas Zeltner. Der 75-jährige ehemalige BAG-Direktor soll nach sechs turbulenten Monaten das Vertrauen in der Organisation wieder herstellen. Er wurde am Samstag praktisch einstimmig von den Delegierten zum Nachfolger von Barbara Schmid-Federer gewählt.
Der Rotkreuzrat habe nach dem Rücktritt von Schmid-Federer das Präsidium sehr rasch wieder besetzen wollen, sagte Zeltner am Samstag vor den Medien in Neuenburg. Er habe sich entschieden, diese Herausforderung anzunehmen. Seine langjährige Kenntnis des SRK als Verwaltungsratspräsident von Blutspende SRK Schweiz habe ihm den Entscheid erleichtert.
Er sei sehr froh, wegen deren Knowhow bisherige Ratsmitglieder an Bord zu haben, sagte der neue Präsident. Dazu gehören die beiden bisherigen Vizepräsidenten Hans Jürg Steiner und Matteo Pedrazzini. In den Rat Einsitz nehmen ausserdem drei bisherige und fünf neue Mitglieder. Diese würden weitere benötigte Kompetenzen einbringen.
Der Vorstand, der sogenannte Rotkreuzrat, sei zwar für vier Jahre gewählt worden. Die Mitglieder hätten sich aber mit einer lediglich einjährigen Amtszeit einverstanden erklärt. In dieser Zeit wollten sie die Profile der Rot-Kreuz-Gremien definieren. Sollte ihr Profil nicht den Anforderungen entsprechen, so seien die Mitglieder bereit, bei der nächsten ordentlichen Rotkreuzversammlung zurückzutreten.
Vertrauen wiedergewinnen
Das SRK müsse das Vertrauen der verschiedenen Organisation wieder gewinnen, sagte Zeltner. Dieses habe unter der Krise in den vergangenen Monaten gelitten. Mit dem nun wieder kompletten Rotkreuzrat könne diese Arbeit beginnen.
Wer noch fehle, sei eine Direktorin oder ein Direktor. Zur Zeit wird die Geschäftsleitung von der stellvertretenden Direktorin Karolina Frischkopf geführt.
Unruhe nach Absetzung von Direktor Markus Mader
Ausserdem müsse eine Lösung mit dem ehemaligen Direktor Markus Mader gefunden werden. Dieser war im vergangenen Dezember abgesetzt worden. In der Folge traten auch vier Mitglieder des Rotkreuzrates zurück.
Seither herrschte beim Hilfswerk Unruhe. Beobachter sprachen von einem Machtkampf innerhalb des SRK. Anfang Juni gab dann die bisherige Präsidentin Schmid-Federer «aus gesundheitlichen Gründen» per sofort ihren Rücktritt bekannt.
Kritischer Bericht
Ein externer Untersuchungsbericht zu den Umständen rund um Maders Abgang hatte Versäumnisse auf Seiten des Rotkreuzrates geortet. Demnach lag dem Konflikt mit dem damaligen Direktor ein strukturelles Problem zugrunde: Wie in anderen, dezentral strukturierten Organisationen, sei es immer wieder zu Spannungen gekommen – insbesondere zwischen einem Teil der Kantonalverbände und der Geschäftsstelle.
Zugleich übten die Autoren des Berichts Kritik an der Präsidentin des Rotkreuzrates, der früheren Zürcher CVP-Nationalrätin Schmid-Federer. Sie bemängelten namentlich, dass dem Führungsgremium des SRK zur Abberufung Maders kein schriftlicher Antrag mit einer eingehenden Begründung vorgelegen habe.
Decharge erteilt
Die Delegierten nahmen diesen Bericht am Samstag «zur Kenntnis» und erteilten dem Rotkreuzrat die Decharge, sagte Zeltner. Es sei jetzt möglich, einen Schlussstrich zu ziehen.
Projekte würden künftig anders angegangen. Das Leitbild orientiere sich dabei an einer soziokratischen Zusammenarbeit. Er hoffe nun, dass Rot-Kreuz-Gründer Henri Dunant wieder stolz auf sein Werk sein könne und das SRK sich auf seinen Zweck, die Hilfe für Notleidende, konzentrieren könne, erklärte Zeltner.
Nach Angaben der stellvertretenden SRK-Direktorin Karolina Frischkopf hatte die interne Krise in den vergangenen sechs Monaten kaum finanzielle Konsequenzen. Bei den privaten Personen hätten sie keinen Rückgang der Spendenbereitschaft festgestellt. Lediglich die institutionellen Spender hätten vermehrt Gespräche verlangt. Aber sie hätten alle verstanden, dass das SRK Zeit benötigt habe. (awp/mc/pg)