EY: Task Force als Reaktion auf Aufhebung des Mindestkurses
Zürich – Die Aufhebung des Franken-Mindestkurses zum Euro hat viele Geschäftsführer und Firmeninhaber überrascht. EY empfiehlt den betroffenen Unternehmen, rasch eine interdisziplinäre Task Force zu bilden, um die Auswirkungen der neuen Lage zu erfassen und zeitnah auf die Entwicklungen reagieren zu können. Die jüngsten Massnahmen der SNB dürften die Wirtschaftsprognosen weiter trüben. Bereits die von EY Ende 2014 durchgeführte Befragung (Unternehmens-Barometer) zeigte eine Verschlechterung der Geschäftslage. EY wird im kommenden März aktuelle Zahlen des Unternehmens-Barometers veröffentlichen – unter Berücksichtigung der Aufhebung des Mindestkurses.
Die neue Situation auf den Devisenmärkten hat bei den Unternehmen in der Schweiz viele Fragen ausgelöst. «Etliche Kunden wollten wissen, wie mit der aktuellen Situation am besten umzugehen sei, denn die Auswirkungen sind vielseitig und betreffen verschiedenste Unternehmensbereiche», sagt Alessandro Miolo, marktverantwortlicher Partner EY für die Deutschschweiz.
Gerade exportorientierte Unternehmen oder ihre in der Schweiz ansässigen Zulieferer müssen jetzt analysieren, handeln und ihre Risiken optimal absichern. «Diesen Unternehmen empfehlen wir, jetzt eine entsprechende Task Force einzuberufen», erläutert Alessandro Miolo. Konkret geht es darum, möglichst alle Auswirkungen optimal zu antizipieren und entsprechend rasch zu reagieren. Aus Sicht von EY stehen in einer solchen Arbeitsgruppe vorerst Aufgaben in den Bereichen Währungsmanagement, Finanzberichterstattung, Verträge mit Geschäftspartnern sowie die Vorbereitung von mittelfristigen Massnahmen im Vordergrund.
Anpassung des Budgets und Absicherung der Währungsrisiken
«Fremdwährungsmanagement ist eine strategische Führungsaufgabe; jetzt umso mehr. Eine Absicherung der Währungsrisiken ist in vielen Fällen sinnvoll, schmälert aber auch die Rendite», erklärt Miolo. Vor allem mittelgrosse Unternehmen haben einen Handlungsbedarf: Ohne Kenntnis der eigenen Fremdwährungsrisiken lassen sich diese auch nicht ausreichend steuern oder absichern. Zahlreiche Unternehmen haben zwar in der Vergangenheit ihre Wechselkursrisiken richtig eingeschätzt, eine konsequente Problemlösung fand aber nicht immer statt.
Die Budgetierung für 2015 ist nach dem SNB-Entscheid in vielen Unternehmungen zu überarbeiten. Auch muss daran angelegt eine Liquiditätsvorschau erstellt werden. Diese sollte nun auf kürzere Zeitfenster herunter gebrochen werden, um eine bessere Sicht auf die finanziellen Werteströme wie Liquidität, Debitoren und Kreditoren, Warenlager und Fremdwährungsexpositionen zu erlangen. Daraus ergeben sich allfällige Verbesserungsmöglichkeiten in Bezug auf die Zusammensetzung der Fremdwährungsflüsse.
Auswirkungen auf die finanzielle Berichterstattung
Die meisten Unternehmen stehen vor der Veröffentlichung der finanziellen Berichterstattung für das abgelaufene Geschäftsjahr. Im Hinblick auf die Entwicklung des aktuellen Geschäftsjahrs werden die verschiedenen Anspruchsgruppe (Aktionäre, Banken, Mitarbeitende, Kunden, usw.) Fragen stellen, denen mit einer klaren und fundierten Kommunikation begegnet werden sollte.
Grundsätzlich hat nach den Rechnungslegungsstandards IFRS oder Swiss GAAP FER der Entscheid der SNB keinen Einfluss auf die Bilanzen und Erfolgsrechnungen 2014. Dennoch müssen die Unternehmen in Betracht ziehen, den Einfluss der Währungsverschiebungen als so genanntes «Ereignis nach dem Bilanzstichtag» offen zu legen. Falls dieses einen wesentlichen Einfluss hat, müssen die Auswirkungen auf Eigenkapital und Gewinn geschätzt und in der Jahresrechnung für 2014 ausgewiesen werden. Auswirkungen können beispielsweise aus einer Anpassung von Werthaltigkeitsüberlegungen oder der Bewertung von Vorräten resultieren.
Überprüfung von Vertragsverhältnissen
Angesichts der Ungewissheit bei der Entwicklung der Finanz- und Devisenmärkte werden verschiedene Unternehmen einen Aufschub von bereits geplanten Investitionen und Personaleinstellungen in Betracht ziehen. Auch Bestellungen sowie laufende Vertragsverhandlungen oder Transaktionen sind unter den gegebenen Umständen neu zu beurteilen. Weiter können aufgrund der Währungsturbulenzen Kreditklauseln bei Banken verletzt sein. Die Unternehmen müssen dies analysieren und mögliche Einflüsse auf Liquidität und Zinsbelastung beurteilen. Auch die Bonität von Geschäftspartnern kann beeinträchtigt sein, daher empfiehlt sich ein striktes Monitoring und eine laufende Beurteilung der Zahlungs- und Lieferfähigkeit.
Mittelfristig werden Qualität und Innovation wichtiger
Aufgrund des erstarkten Frankens haben Schweizer Unternehmen bereits in den letzten Jahren ihre Prozesse optimiert und Kosten gesenkt. Diese Anstrengungen müssen weiter geführt werden. Andererseits braucht es auch weitere Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen. «Viele Schweizer Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren mit Innovationen und dem Fokus auf Qualität im internationalen Wettbewerb durchgesetzt. Es gilt jetzt, sich auf diese Stärken zu besinnen», ist Miolo überzeugt.
EY Umfrage bei Schweizer Unternehmen
Die Auswirkungen der neuen Währungssituation auf den Geschäftsgang der Unternehmen ist als eindeutig negativ einzuschätzen. Bereits vor dem währungspolitischen Richtungsentscheid der SNB zeigte der von EY halbjährlich publizierte Geschäftsklima-Index bei Schweizer Unternehmen mit 30 bis 2000 Mitarbeitenden eine rückläufige Tendenz. Die Lage war aber gemäss den im November und Dezember vergangenen Jahres erhobenen Daten noch keineswegs besorgniserregend.
Gemäss dem Unternehmens-Barometer näherte sich der Geschäftsverlauf der befragten Firmen wieder dem langjährigen Niveau an. Die Zahl der Unternehmen, die bis Mitte Jahr mit einem schlechteren Geschäftsgang rechnete, hatte sich im Vergleich zur letzten Umfrage von 4 auf 9 Prozent mehr als verdoppelt. Weiter planten 11 Prozent der befragten Firmen, Stellen abzubauen, so viele wie seit 2009 nicht mehr. Bei den Umfragen im Februar und August 2014 waren es zudem erst 6 Prozent gewesen. Bei der Frage nach den grössten Gefahren für das eigene Unternehmen landeten Währungsschwankungen nur auf dem vierten Platz, hinter Konjunktursorgen und dem Fachkräftemangel.
Aktualisierte Umfrage im März 2015
Aufgrund der aktuellen Situation erachtet EY die im des Unternehmens-Barometers nicht mehr als aktuell. Die Befragungen werden deshalb im Februar und März noch einmal durchgeführt und eine Aktualisierung des Unternehmens-Barometers voraussichtlich im März 2015 publiziert. (EY/mc/ps)