EY: Unternehmen reagieren konsequent auf starken Franken

MEM-Industrie

(Foto: Swissmem)

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Zürich – Die mittelständischen Schweizer Unternehmen lassen sich vom starken Franken nicht beirren: Gemäss dem aktuellen EY-Unternehmensbarometer rechnet zwar knapp ein Drittel der Unternehmen mit sinkenden Umsätzen für das laufende Jahr, bei der letzten Umfrage Anfang Januar waren es noch zehn Prozent. Allerdings schätzen sie ihre Geschäftslage nach wie vor als gut ein und bezeichnen ihren Zustand als stabil. Die Unternehmer haben sich auch mit dem starken Franken abgefunden: 83 Prozent rechnen mittelfristig mit einem Eurokurs von unter CHF 1.10. Die Mehrheit setzt auf Massnahmen zur Kostensenkung, Qualitätsinitiativen und mehr Innovation. Aber auch Personalabbau und Verlagerungen ins Ausland werden angegangen.

Nach dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses sind stark negative Auswirkungen auf die Unternehmen in der Schweiz befürchtet worden. Vier Monate nach dem sprunghaften Erstarken des Frankens zeigt sich nun, dass die Schweizer Unternehmen konsequent Lösungen suchen, um mit der neuen Situation umzugehen. 40 Prozent der befragten Unternehmen mit einer Anzahl Mitarbeitenden zwischen 30 und 2000 spüren keine negativen Auswirkungen der Franken­stärke. Bei den anderen 60 Prozent wird die Frankenstärke vor allem in Form von Preis­senkungen und Bestellrückgängen spürbar.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen gut unterwegs
Trotzdem bezeichnen nach wie vor 53 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut. Das sind deutlich mehr als im Juli 2011 kurz vor dem Höhepunkt der letzten Frankenstärke, als der Euro auf unter CHF 1.10 abrutschte und danach die Untergrenze eingeführt wurde. Damals bewerteten nur 41 Prozent aller Unternehmen ihre Lage als gut, der tiefste Wert seit Erhebungsbeginn. «Die Schweizer Unternehmen haben die neue Lage rasch analysiert und aus einer Position der Stärke heraus die nötigen Massnahmen eingeleitet. Die Unternehmen setzten weder auf eine Abschwächung des Frankens noch auf die Hilfe des Staates, sondern haben selbst gehandelt», schätzt Alessandro Miolo, Verantwortlicher Partner Markt Deutschschweiz beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY die Resultate ein. Gemäss der Umfrage gehen über 80 Prozent der Unternehmen mittelfristig von einem Eurokurs von unter CHF 1.10 aus. Trotzdem wollen weniger als ein Drittel der Unternehmen direkte Unterstützung vom Staat. Vielmehr erachten sie indirekte Förderungen in den Bereichen Innovation, Ausbildung und Arbeitszeitmodelle als sinnvoll.

Rückläufige Umsätze erwartet
Die Frankenstärke dämpft die Umsatzerwartungen: Rund 30 Prozent der Unternehmen rechnen im laufenden Jahr mit einem Umsatzrückgang verglichen zum Vorjahr. Vor der Aufhebung des Mindestkurses waren es nur rund zehn Prozent. Vor allem Unternehmen mit einem Umsatz über 100 Millionen Franken und Industrieunternehmen, die einen hohen Exportanteil aufweisen, schätzen die Situation pessimistischer ein. Die Umfrage zeigt eine positive Eigenbewertung der befragten Führungskräfte: Nur fünf Prozent bezeichnen die Lage ihres Unternehmen als kritisch. Das ist keine signifikante Veränderung zu den vorhergehenden Umfragen. «Die meisten Unternehmen lassen sich von der aktuellen Frankenstärke nicht aus dem Konzept bringen. Es wird nach pragmatischen und unternehmerisch sinnvollen Lösungen gesucht.», so Miolo.

Gezielte Programme und Preissenkungen
Ein Grossteil der befragten Unternehmen begegnen der Frankenstärke mit gezielten Program­men zur Verbesserung von Qualität und Innovationskraft, zur Senkung der Kosten beziehungs­weise Steigerungen der Effizienz. Mehr als die Hälfte der Befragten hat solche Massnahmen bereits eingeleitet. Verbreitet sind auch Preissenkungen, die kostengünstige Beschaffung von Vorleistungen im Ausland sowie die Erschliessung neuer Märkte oder Kundensegmente: Über ein Viertel der befragten Unternehmen leitete entsprechende Schritte ein.

Personalkosten im Visier
Ebenso setzen viele Unternehmen bei den Personalkosten an. Gut 30 Prozent aller Befragten stellen bis auf Weiteres keine neuen Mitarbeitenden mehr ein. Ein Personalabbau ist bei rund 20 Prozent der Unternehmen ein Thema. Knapp acht Prozent rechnen mit Lohnkürzungen und bei rund neun Prozent ist bereits Kurzarbeit eingeführt worden oder steht noch bevor.

Jedes achte Unternehmen will auslagern
Rund 12 Prozent aller befragten Unternehmen haben bereits Arbeitsplätze oder andere Kostenstrukturen ins Ausland verlagert oder planen solche zu verschieben. Die Auslagerung der Produktion ins Ausland ist eine grundlegende unternehmerische Entscheidung, die immer sehr gut abgewogen wird. «Die Unternehmer sind sich ihrer Verantwortung bewusst und ziehen Programme zur Innovations- und Qualitätssteigerung den Auslagerungen von Arbeitsplätzen deutlich vor», kommentiert Miolo die Ergebnisse der Befragung. Für die weitere Entwicklung der Unternehmen und der Beschäftigung in der Schweiz sei es entscheidend, dass die Unternehmen die geplanten Massnahmen konsequent umsetzen. (EY/mc/ps)

Über das EY Unternehmens-Barometer
Die Ergebnisse des aktuellen Unternehmens-Barometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY basieren auf einer Umfrage unter 250 Unternehmen in der Schweiz. Die aktuelle Befragung wurde Anfang Mai 2015 vom Forschungsinstitut Valid Research in Bielefeld (D) durchgeführt. Die Studie wird seit 2008 in der Regel halbjährlich erstellt. Befragt werden jeweils Firmenchefs oder Inhaber. Die befragten Firmen haben alle zwischen 30 bis 2000 Mitarbeitende und sind nicht kapitalmarktorientiert. Über die Hälfte der befragten Unternehmen ist im Dienstleistungssektor tätig, ein gutes Viertel in der Industrie.

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