Fallpauschalen: Keine Lösung im Datenstreit in Sicht

Bern – Ab 2012 wird in Schweizer Spitälern nach Fallpauschalen abgerechnet. Die Details zur Einführung des neuen Systems sind aber immer noch nicht geregelt. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung im Streit um die Datenübermittlung stösst auf allgemeine Ablehnung. Auch die Ärzte können mit dem Verordnungsentwurf nichts anfangen.

Der Ärzteverband FMH begrüsst zwar den Vorschlag, dass nur Vertrauensärzte auf alle Patientendaten mitsamt Diagnosen und Prozeduren Zugriff haben sollen. Die vorgesehene Übermittlung anonymisierter und verschlüsselter Daten sei jedoch zu aufwendig und praxisfremd, heisst es in einer Stellungnahme vom Freitag. Zudem befürchtet der Verband «Kassenwillkür», weil die Regelung zu wenig klar sei.

Einigung in weite Ferne gerückt
Damit ist eine Einigung der Streit um die Datenübermittlung noch weiter in die Ferne gerückt. Mit der Vereinbarung zwischen Spitalverband H+ und Krankenkassendachverband santésuisse, die am Veto der Spitäler gescheitert war, wären immerhin die Versicherer einverstanden gewesen. Diese sah vor, dass Diagnosen und Nebendiagnosen zur Rechnungskontrolle systematisch an die Krankenkassen weitergeleitet werden müssen. Für Spitäler und Ärzte bedeutete dies das Ende des Arztgeheimnisses. Datenschützer unterstellten den Krankenkassen, mit den Daten in Wirklichkeit ihre Risikoselektion optimieren zu wollen.

«Vorschläge praxisfremd und stellenweise nicht umsetzbar»
Mit dem Verordnungsentwurf des Bundesrats können nun auch die Krankenkassen nichts mehr anfangen. Die Vorschläge seien praxisfremd und stellenweise nicht umsetzbar, schreibt santésuisse. Sie führten nicht nur zu mehr administrativem Aufwand für Spitäler und Krankenversicherer, sondern könnten sogar das Fallpauschalensystem in der alltäglichen Abwicklung lahmlegen. Zudem sei eine Rechnungsprüfung ohne jene Daten, die für die Bestimmung der Rechnungshöhe massgeblich seien, nicht möglich. Nach Ansicht der Krankenkassen kann so das Ziel des Fallpauschalensystems, die bessere Vergleichbarkeit der Spitäler, gar nicht erreicht werden.

Ball beim Bundesrat
Dies bestreitet der Spitalverband H+. Wie die Ärzte ist er der Meinung, dass die meisten Rechnungen auch ohne den gesamten Datensatz zu Patient, Diagnose und Behandlung überprüft werden können. Auch er lehnt aber die Übermittlung verschlüsselter Patientendaten als zu aufwendig ab. Nun ist es am Bundesrat, eine Lösung zu finden. Er hatte in den verfahrenen Streit zwischen den Tarifpartnern eingegriffen, nachdem deren Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt hatten. Bloss ist die Regierung gar nicht befugt, die Frage der Datenübermittlung auf dem Verordnungsweg zu regeln. Die fehlende Kompetenz versucht sich der Bundesrat nun im Eilverfahren vom Parlament einzuholen.

Umstrittener Infrastruktur-Zuschlag
Dabei ist die Übermittlung von Patientendaten noch nicht einmal das grösste Problem im Zusammenhang mit der Einführung der Fallpauschalen. Viel weitreichendere Auswirkungen hat die ebenfalls umstrittene Höhe des Zuschlags, welche die Spitäler von den Kassen für ihre Infrastruktur erhalten. Der Bundesrat schlägt vor, dass der Zuschlag 10 Prozent auf den Basispreisen der Fallpauschalen beträgt, was exakt der Forderung der Krankenkassen entspricht. Ärzte und Spitäler, aber auch unabhängige Gesundheitsexperten sind jedoch der Meinung, dass die Spitäler damit die nötigen Investitionen nicht werden bezahlen können. (awp/mc/ps)

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