Fehler bei Tests an Berner Schulen? – Zertifikat für Bundeshaus gefordert
Bern – Der Kanton Bern ist wegen tiefer Fallzahlen bei Corona-Tests in den Schulen in ein schiefes Licht geraten. Aufgrund der Zahlen hatte der Kanton entschieden, auf die Massentests zu verzichten. Die Parteipräsidenten fordern, die Ausnahme von der Zertifikatspflicht für das Parlament aufzuheben.
Über die falschen Angaben zu den Coronavirus-Infektionen im Kanton Bern berichtete der «SonntagsBlick». Zu den von der Nachrichtenagentur Keystone-SDA an die Gesundheitsdirektion gestellten Fragen nahm diese am Sonntag nicht konkret Stellung. Direktionssprecher Gundekar Giebel wies die Vorwürfe einzig als «völlig unhaltbar» zurück. Die Direktion werde Anfang nächster Woche detailliert Stellung nehmen, kündigte er an.
Die Ergebnisse der Massentests an Berner Schulen zeigten nach den Sommerferien tiefe Fallzahlen. So tiefe, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hellhörig wurde. Es wies den Kanton Bern an, Tests nicht nur im Labor in Münsingen, sondern auch an zwei weiteren Labors auswerten zu lassen. Dort ergaben sich deutlich höhere Fallzahlen, wie aus einer im «SonntagsBlick» abgedruckten Tabelle hervorgeht.
Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) trat mit diesem Befund nicht an die Öffentlichkeit und handelt sich damit nun Kritik ein.
Keine Zertifikatsprivilegien fürs Parlament
Die Parteipräsidentinnen und -präsidenten ausser jenem der SVP fordern derweil in einem Brief an die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, für den Zutritt ins Parlament die Zertifikatspflicht einzuführen. Dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier ohne Zertifikat an die Session könnten, stosse bei der Bevölkerung auf Unverständnis. Dafür gebe es keinen überzeugenden Grund.
Urheber des Briefs ist GLP-Präsident Jürg Grossen. Neben ihm unterschrieben SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer, FDP-Präsidentin Petra Gössi, Mitte-Präsident Gerhard Pfister und Grünen-Präsident Balthasar Glättli. Grossen gab an, den SVP-Präsidenten Marco Chiesa nicht angefragt zu haben.
Für eine Zertifikatspflicht im Parlament fehle die rechtliche Grundlage, hatte die Verwaltungsdelegation am 2. September befunden. Der Bundesrat habe festgehalten «dass eine Zertifikats-Zugangsbeschränkung bei politischen Versammlungen der Legislative unzulässig ist, da die verfassungsmässigen Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder und Magistratspersonen zu sehr eingeschränkt würden».
Zertifikat für Wintersport
Der oberste Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger fordert in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» für den den Winter eine Zertifikatspflicht in den Skigebieten. Für die Kunden sei es angenehmer, nicht ständig eine Maske tragen zu müssen und sich sicherer zu fühlen, sagte der Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Zudem könnten die Bahnen ihre Kapazitäten besser auslasten.
Der öffentliche Verkehr gehöre hingegen zu den Grundinfrastrukturen, dort scheine ihm eine Zertifikatspflicht deshalb nicht legitim. Zudem besteht mit der Maskenpflicht ein gutes Schutzkonzept. Auch eine generelle Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz würde für Engelberger zu weit gehen. Sie käme für ihn nur infrage, wenn sich die Situation noch einmal dramatisch verschlechtern sollte.
Massnahmengegner auf der Strasse
Etwa 1500 Gegnerinnen und Gegner der Massnahmen gegen die Covid-19-Pandemie und speziell der Ausweitung der Zertifikatspflicht, die ab Montag in fast allen Innenräumen gilt, demonstrierten am Samstagnachmittag in Luzern. Die Kundgebung war nicht bewilligt. Grössere Ausschreitungen blieben aus, es kam aber zu Beschimpfungen und Tätlichkeiten gegen Medienschaffende. Der Verkehr war stark behindert.
Die Polizei führte während der Kundgebung Personenkontrollen durch und sprach rund 60 Wegweisungen aus. Auf dem Kasernenplatz mussten die Einsatzkräfte eine Konfrontation zwischen Massnahmengegnern und Gegendemonstranten mit Pfefferspray unterbinden.
Am Sonntagmorgen demonstrierten etwa 50 Massnahmengegner vor dem Kantonsspital Freiburg. Einige drangen ohne Masken in das Spital ein. (awp/mc/pg)