Bern – Die Rahmenbedingungen bei der Korruptionsbekämpfung in der Schweiz sollten nach dem Willen der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) überdacht werden. Tiefgreifende Reformen und ein Modellwechsel seien unumgänglich, heisst es in einem am Mittwoch veröffentlichen Bericht.
Im Dezember 2008 hatte der Bundesrat auf Empfehlung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates die Interdepartementale Arbeitsgruppe (IDAG) zur Korruptionsbekämpfung ins Leben gerufen. Mitte Mai wurde bekannt, dass der Bundesrat vom Tätigkeitsbericht 2014-2017 der Arbeitsgruppe und einer EFK-Evaluation dazu Kenntnis genommen hatte.
Mandat verlängert
Der Bundesrat verlängerte Ende April das Mandat der IDAG zur Korruptionsbekämpfung um zehn weitere Jahre, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Bekannt machte dies die Organisation Transparency International und das Aussendepartement EDA bestätigte den Sachverhalt. Zentrale Kritikpunkte des damals noch vertraulichen EFK-Berichts wurden im IDAG-Bericht aufgenommen und damit publik, bevor der EFK-Bericht Ende Juni im Parlament vorgestellt werden konnte.
Tiefgreifende Reformen angemahnt
Die EFK hat nun am Mittwoch ihren knapp 50-seitigen Bericht veröffentlicht und darin mit deutlichen Worten tiefgreifende Reformen angemahnt, um die Wirksamkeit der IDAG zu erhöhen. Ziel sei es, die Rolle der Regierung bei der Korruptionsbekämpfung zu stärken. Bei der IDAG seien die Unabhängigkeit, die finanziellen und personellen Ressourcen, die Kompetenzen, die Autorität, das institutionelle Gedächtnis und die Visibilität nicht angemessen. Der Evaluationsbericht bezeichnet die IDAG als «eine vom Aussendepartement gesteuerte Milizorganisation».
Sie sei in erster Linie eine Möglichkeit zum Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern, die an den Treffen und Plenarversammlungen teilnähmen. Die IDAG habe einige Empfehlungen vorgeschlagen, aber keine Strategie zur Korruptionsbekämpfung in der Schweiz entworfen, kritisiert die EFK.
Die EFK «ermutigt den Bundesrat, die Umsetzung seines Auftrags im Sinne einer Verstärkung des aktuellen Dispositivs zu überdenken und auch den Weg für gesetzgeberisches Handeln zu ebnen». Die Analyse und ein internationaler Vergleich zeigten, dass «ein Modellwechsel wirksamer wäre als ein schrittweiser Übergang».
Mrs. oder Mr. Korruptionsbekämpfung
Die EFK schlägt vor, eine aus Fachleuten bestehende Gruppe zum Informationsaustausch beizubehalten. Diese solle über ein Sekretariat verfügen und die Funktion eine Beauftragten für Korruptionsbekämpfung schaffen. Die Aufgabe dieses Beauftragten sollte es sein, Schweizer Vertreter auf dem internationalen Parkett zu begleiten, auf Bundesebene als Koordinationsstelle zu fungieren und das Gemeinwesen und die Zivilgesellschaft zu sensibilisieren.
Eine Mrs. oder ein Mr. Korruptionsbekämpfung sollte nach dem Willen der EFK auch in Verbindung mit den Rechtsdiensten der Departemente und Ämter stehen, um die Korruptionsbekämpfung in der Bundesverwaltung zu verankern.
Die EFK spricht von einer organisatorischen Änderung, die früher oder später ohne zusätzliche Ressourcen vorgenommen werden müsse. Indem alle gegenwärtig in die Korruptionsbekämpfung involvierten Akteure der Bundesverwaltung erfasst würden, sollte es ihrer Meinung nach möglich sein, potenzielle Synergien zu nutzen und die vorhandenen Ressourcen optimal einzusetzen.
Der Bundesrat hat laut dem Evaluationsbericht zudem die Pflicht, der Korruptionsprävention den nötigen politischen Rückhalt zu verschaffen und seine Unterstützung dieses Anliegens unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen.
Transparency International teilte am Mittwoch mit, dass man den negativen Befund der EFK teile. Die NGO forderte Bundesrat und Parlament auf, endlich ein wirkungsvolles und unabhängiges Anti-Korruptionsgremium zu schaffen, um die Korruptionsbekämpfung in der Schweiz zu verbessern. (awp/mc/pg)