Fitnessbranche Schweiz: Innovationen und Konkurrenzkampf

Fitnessbranche Schweiz: Innovationen und Konkurrenzkampf
Qualität und eine hochwertige Ausstattung zählt für die Schweizer als wichtiges Kriterium für die Auswahl eines Fitnessstudios. Auf dem hart umkämpften Markt kann sich künftig mehr Service für die Kunden auszahlen. (Bild: Fotolia, © Robert Kneschke)

Zürich – Der Schweizer Fitness- und Gesundheitscenter Verband (SFGV) zieht eine positive Bilanz des letzten Jahres. Der Fitnessbereich zeigt sich als innovative Branche und bietet immer noch Potential für Investoren. Durch grössere, finanzkräftige Ketten hat der Konkurrenzkampf jedoch zugenommen. Individuelle Angebote und eine Stärkung des Kundenservice kann kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) dabei helfen, sich gegen die Branchenriesen durchzusetzen.

Bei der Generalversammlung des SFGV im März 2017 wurde den zahlreichen Studios eine aussichtsreiche Zukunft bescheinigt. Sich fit zu halten und regelmässig zu trainieren liegt aktuell immer noch im Trend. Wer sich also gut auf die Bedürfnisse der Kunden einstellt, hat die besten Voraussetzungen, weiterhin am Markt bestehen zu können. Innovative Trainingsmethoden oder Abonnement-Modelle und zusätzliche Beratungsangebote zählen als wichtige Kriterien, neue Kundenschichten zu erschliessen oder die bestehenden zu halten.

Kampfansage der Grossanbieter
Nach dem Zusammenschluss verschiedener Fitnessfirmen zur IG Fitness Schweiz im Rahmen einer Interessensgemeinschaft ist die Vormachtstellung der Grossanbieter wie Migros mit seinen Tochtergesellschaften weiter gestärkt worden. Rund 90 Studios zählen derzeit zu dem Schweizer Konzern. Zuletzt ist auch der Grossverteiler Coop in das Geschäft eingestiegen. Von ihm wurden die Studios der Update-Fitness AG übernommen.

Zudem drängen weitere internationale Anbieter auf den hart umkämpften Schweizer Markt. Auch der deutsche Branchenriese McFit versucht sich zunächst in Zürich mit seiner Tochtergesellschaft John Reed zu etablieren. Der innovative Ansatz des Unternehmens: Livemusik von DJs sorgen für Stimmung beim Training im Fitness- und Musik-Klub. Auch die Inneneinrichtung der Studios soll sich dementsprechend von der üblichen Muckibuden-Atmosphäre abheben.

Durch die Abonnements können die Kunden der grossen Ketten an zahlreichen Standorten trainieren. Auch hier fällt es den KMU schwer mitzuziehen. Allerdings zählen von den rund 800 Fitnessstudios in der Schweiz immer noch etwa 500 zu den inhabergeführten Einzelunternehmen. Vor allem medizinisch ausgerichtete Physiotherapiepraxen richten sich zunehmend sportlicher aus und erweitern ihr Angebot um vom Fitnessboom profitieren zu können.

Mehrwert im Kundenservice

Auch Praxen für Physiotherapie erweitern zunehmend ihr Angebot und drängen auf den Fitnessmarkt. Die kompetente Betreuung zählt hier als großes Plus für viele Kunden. (Bild: Fotolia, © Kzenon)

Sie bringen einen grossen Vorteil für die Kunden gleich schon mit. Umfangreiches Know-How im gesundheitlichen Bereich, zur Trainingsphysiognomie oder auch im Bereich Ernährung wird von den qualitätsbewussten Schweizer Kunden geschätzt. Hier sehen auch die vielen KMU Potential zur Kundenbindung.

Die Studios können vor allem mit zusätzlichen Beratungsangeboten bei ihren Klienten punkten. Wenn sich die einzelnen Anbieter bezüglich der Ausstattung, den Trainingszeiten und dem Kursangebot kaum unterscheiden, sind solche Leistungen oftmals ausschlaggebend für den Abschluss eines Abonnements bei einem bestimmten Unternehmen.

Individuelle Betreuung mit persönlich ausgearbeiteten Übungsplänen oder auch eine Bewegungsanalyse als Basis und ein effizientes Training auf dem Laufband bieten den Kunden einen entscheidenden Mehrwert. Der Fitnesstrainer wird dabei vom blossen Übungsleiter zum kompetenten Ansprechpartner für gesundheitliche Fragen. Auch das Thema Ernährung bekommt hier eine immer wichtigere Bedeutung. In Hongkong ist die Verbindung von Fitnessstudios und angeschlossenen Restaurants ein wachsender Trend. Insgesamt wird heute die Gesundheit wieder ganzheitlicher betrachtet. Beim Zusammenspiel von sportlicher Aktivität und gesundem Lifestyle ist die Nachfrage nach Informationen zu gesunder Ernährung gross. Auch hier können die Studios mit einem hohen Serviceniveau Kunden binden.

Neue Konzepte und neue Zielgruppen
Beratung zu Ernährung und Stressmanagement spricht nicht nur das typische Klientel der Fitnessstudios an. „In Zukunft haben Fragen einer ganzheitlichen Lebensführung eine wachsende Bedeutung“, bestätigt auch der Präsident des SFGV Claude Ammann den Trend. Zukünftig sollen die Studios auch für ältere Menschen attraktiver werden. In dieser Zielgruppe sieht Ammann grosses Potential. Unterstützende Betreuung durch Ärzte oder Physiotherapeuten können hier für ein passendes und umfassendes Angebot sorgen.

Eine gezielte Spezialisierung mit eigenständigen Konzepten kann ebenfalls eine Lösung sein, sich längerfristig auf dem Markt zu etablieren. „Kleinere Anbieter brauchen ein klares Konzept und müssen sich spezialisieren, sonst sind sie chancenlos“ sagt Martin Steinhauer, der Präsident des Schweizer Fitness-Center-Verbandes. Hier haben sich verschiedene Modelle in der jüngsten Vergangenheit durchsetzen können:

  • Fitness für Frauen: Studios, in denen ausschliesslich Frauen unter sich bleiben und trainieren können erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
  • Innovative Trainingsmethoden: Verschiedene Anbieter beschränken sich gezielt auf spezielle Trainingsmethoden wie beispielsweise dem Crossfit-Trend oder dem Elektrostimulations‑Training (EMS).
  • Fitness als Lifestyle: Mit Konzepten, die etwa Musik und Wellness mit verschiedenen Trainingsangeboten kombinieren, wird vor allem ein junges Publikum angesprochen. Spinningkurse in Clubatmosphäre oder die Verbindung von Tanz und Krafttraining sind Beispiele dafür.
  • Billige Einstiegspreise: Mit Monatsabonnements im Billigpreissegment versuchen einige Ketten, Kunden zu gewinnen. Fitness für Jedermann, unabhängig von Einkommen oder sozialem Status lautet dabei das Credo.

Wenn sich die kleinen Einzelstudios bezüglich der Qualität und des Angebots von der Masse abheben, sind die Kunden auch bereit, höhere Preise zu bezahlen. Ralph Scholz, Eventdirektor der marktführenden Branchenmesse Fibo bestätigt den Trend zur Individualisierung. „Viele Trainierende brauchen gar keinen Gerätepark und gehen stattdessen zu kleinen Studios, die sich auf ausgewählte Bereiche fokussiert haben“, so Scholz.

Hohes Ausbildungsniveau für Fitnesstrainer

Innovative und hocheffiziente Trainingsmethoden wie das Elektrostimulationstraining EMS finden zunehmend ihre Anhänger. Einige Anbieter haben sich auf dieses Konzept spezialisiert. (Bild: Fotolia, © contrastwerkstatt)

Grundsätzlich ist der Begriff des Personal Trainers in der Schweiz nicht gesetzlich geschützt. Jeder könnte seine Dienste in diesem Bereich anbieten. Wenn sich ein Studio jedoch bei der harten Konkurrenz durchsetzen will, muss das Personal eine entsprechende Qualifikation mitbringen. Wer das begehrte Qualitätssiegel des Schweizerischen Personal Trainer Verbands (SPTV) haben möchte, muss verschiedene Kriterien erfüllen. Im Gegenzug können sich die Kunden bei einem entsprechend zertifizierten Coach gut aufgehoben fühlen. Das Siegel gilt somit auch als Orientierung bei der Suche nach einem geeigneten Studio.

Wichtig ist auch hier, dass sich die Trainer regelmässig weiterbilden. Zusatzqualifikationen im gesundheitlichen Bereich oder als Ernährungsberater können hier den entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen. Die qualifizierte Betreuung der Kunden kann dabei für eine höhere Zufriedenheit sorgen.

Bei der Berufsausbildung (EFZ Fachmann/-frau Bewegungs- und Gesundheitsförderung) ist eine Qualifikation künftig auch im Rahmen einer neuen Diplomausbildung möglich. Zwei verschiedene Fachrichtungen können dabei gewählt werden:

  • Führung eines Fitness- und Bewegungscenters
  • Medizinische Fitness im Netzwerk

Qualitätsniveau als Auswahlkriterium
Für die Kunden ist die Qualität neben dem Preis immer noch das wichtigste Auswahlkriterium für ein Fitnessstudio. Vom SFGV wurde dafür eigens ein Rating erarbeitet. Es soll dabei helfen, die Studios besser einschätzen zu können. Verschiedene Kriterien werden dabei berücksichtigt, die in die Bewertung mit einfliessen. Vor allem der Umfang der Betreuung ist wichtig. Aber auch die Qualifikation der Trainer, die Vielfalt der Angebote oder Geräteausstattung und Infrastruktur werden bewertet.

Die Einstufung ist dabei in fünf verschiedene Klassen mit einem Sterne-Rating ähnlich wie in der Gastronomie unterteilt. Vor allem bei den höheren Kategorien gewinnt die intensive Betreuung auch in Kombination mit ärztlicher Unterstützung oder Physiotherapeuten an Bedeutung.

Kooperationen mit Firmen

Die Qualitätskriterien der SFGV sollen dabei helfen, die Studios besser bewerten zu können.

Ein weiterer möglicher Wachstumsmarkt ist der Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Viele Unternehmen sehen zunehmend den Vorteil einer gesunden Belegschaft und sorgen aktiv für Angebote für ihre Mitarbeiter. Auch hier können die Studios durch individuelle Beratung punkten. Die Firmen schliessen dabei oft Kooperationsverträge mit einzelnen Fitnessanbietern.

Entweder werden einzelne Trainer für Einheiten oder auch Beratungen in den eigenen Räumlichkeiten gebucht oder die Mitgliedschaft in einem Studio wird entsprechend gefördert. Passgenaue Angebote, die beispielsweise den Bewegungsmangel und die Auswirkungen vom langen Sitzen im Büro aufnehmen, sind ein gutes Beispiel einer gelungenen Kooperation. (SP/mc/hfu)

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