Viele Parlamentarier wünschen sich eine FDP-Bundesrätin
Bern – Parteien aller politischen Couleur haben den zurücktretenden Bundesrat Johann Schneider-Ammann für seine Leistungen gewürdigt. Wortkarg gaben sie sich zu Fragen der Nachfolge. Der Ruf nach einer Frauenkandidatur wird aber lauter.
Die FDP wird am (morgigen) Mittwoch über das weitere Vorgehen informieren. Zum Profil für die Nachfolge von Schneider-Ammann wollte sich Parteipräsidentin Petra Gössi noch nicht äussern. Persönlich sähe sie es gerne, wenn die Partei eine Frau ins Rennen schickt.
Zu ihren eigenen Ambitionen hielt sich die Schwyzer Nationalrätin bedeckt. Im August hatte sie in einem Interview einer Kandidatur eine Absage erteilt. Sie wolle das ihrer Partei im Wahljahr 2019 nicht antun.
«Weiteste Teile der FDP wären glücklich, mit einer Frau in der Landesregierung vertreten zu sein», sagte Fraktionschef und Zürcher Nationalrat Beat Walti im «Tagesgespräch» von Schweizer Radio SRF. Es werde aber auch andere Kriterien geben.
Nur die Grünen reden Klartext
Wirklich konkret wurde am Dienstagnachmittag fast niemand. «Wir müssen erstmals eine Nacht darüber schlafen und den Rücktritt von Schneider-Ammann würdigen», stellte der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen fest.
Ähnlich argumentierte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann. Es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für diese Diskussion. Seine Partei werde abwarten, wer kandidiere und dann ihren Entscheid fällen, sagte der Waadtländer Nationalrat. Aus Sicht der SP steht eine Frauenkandidatur im Vordergrund.
Aus der Deckung wagte sich einzig die Grüne Partei. Der Zürcher Nationalrat und Fraktionschef Balthasar Glättli schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, die Grünen erwarteten von der FDP eine Auswahl von zwei «fähigen Kandidatinnen». Die Partei werde diejenige Kandidatin wählen, die sich am stärksten für soziale und ökologische Anliegen einsetze.
Mindestens zwei Kandidaten erwartet auch die SVP zur Auswahl. Die Partei werde einen offiziell nominierten Kandidaten wählen, versicherte der Berner Nationalrat und Parteipräsident Albert Rösti. Als Kriterien nennt er Werte wie Souveränität und Sicherheit.
Keller-Sutter erfüllt alle Kriterien
Auch die übrigen Parteien – CVP, GLP und BDP – gaben sich ein paar Stunden nach Bekanntgabe von Schneider-Ammanns Rücktritt wortkarg. Eines scheint aber klar: Mindestens eine Frau wird die FDP aufs Ticket nehmen müssen.
Dies unterstrich auch die Zürcher Nationalrätin Doris Fiala. Die FDP-Frauen-Chefin hatte schon bei der Ersatzwahl für Didier Burkhalter auf eine neue Bundesrätin gepocht. Nach dem Rücktritt von Schneider-Ammann sagte sie: «Ich möchte unbedingt eine Frau in den Bundesrat bringen.»
In den Augen des Ausserrhoder Ständerats Andrea Caroni (FDP/AR) ist das Geschlecht sicherlich ein wichtiges Kriterium, im Vordergrund stünden aber die Kompetenzen und Fähigkeiten. Gerne sähe es Caroni, wenn seine eigene Region – die Ostschweiz – in Zukunft im Bundesrat vertreten wäre.
Beide Kriterien erfüllt die St. Galler Ständerätin und frühere Regierungsrätin Karin Keller-Sutter. Die Kronfavoritin hält sich vorderhand bedeckt. In der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens SRF sagte sie: «Es ist jetzt nicht der Tag der Nachfolge, es ist der Tag von Johann Schneider-Ammann.»
Lobende Worte
In ersten Reaktionen würdigten die Parteien das Engagement von Schneider-Ammann. Nach Ansicht der CVP war Schneider-Ammann eine «ausgewiesene Unternehmerpersönlichkeit». Sein Engagement habe dazu beigetragen, dass die Schweiz ihre gute Wirtschaftskraft behalten und verschiedene Freihandelsabkommen abschliessen konnte, schrieb die Partei.
Die SP schrieb, der Wirtschaftsminister sei stets als Verfechter der Schweizer Berufsbildung und des dualen Bildungssystems aufgetreten. Damit habe er massgeblich dazu beigetragen, dass das hiesige System als Vorzeigemodell gelte.
Seine eigene Partei würdigte Schneider-Ammann als «stillen Schaffer». Sein Einsatz habe dazu beigetragen, dass die Schweiz die Krisenjahre vergleichsweise gut gemeistert habe. Dabei habe der Wirtschaftsminister auf seine «wertvollen Erfahrungen als erfolgreicher Unternehmer» zurückgreifen können. Die SVP lobte Schneider-Ammann dafür, alles getan zu haben, um Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern.
Mann des Dialogs
Auch die Wirtschaft zollte Bundesrat Schneider-Ammann Tribut. Er habe die Schweizer Wirtschaft verteidigt, erklärte Economiesuisse. Der Dachverband hob sein Engagement bei den Freihandelsabkommen und der Modernisierung der Agrarpolitik hervor.
Der Branchenverband Swissmem, der die Maschinen-, Metall- und Elektroindustrie vertritt, dankte Schneider-Ammann für seinen «hartnäckigen, überzeugten und inspirierenden Einsatz für den Wohlstand und die Arbeitsplätze in der Schweiz».
Der Bauernverband lobte die Kultur des Konsenses, welche Schneider-Ammann als Bundesrat gelebt habe. Es sei kein Geheimnis gewesen, dass man mit Schneider-Ammann nicht immer gleicher Meinung gewesen sei, sagte der Freiburger FDP-Nationalrat und Direktor des Bauernverbandes Jacques Bourgeois. (awp/mc/ps)