Fünf Parteien werben für «faire und flexible Reform der AHV»
Bern – Ein überparteiliches Komitee von SVP, Mitte, FDP, GLP und EVP setzt sich für die AHV-Reform ein. Am 25. September müsse die Reformblockade in der Altersvorsorge gelöst werden, macht es geltend. Nur so habe die erste Säule eine gesunde Zukunft vor sich.
In den vergangenen Jahren sind sämtliche Bemühungen gescheitert, die AHV zu stabilisieren – die letzte grosse Reform fand 1997 statt. Geschieht nichts, würde die AHV gemäss Prognosen ab 2029 rote Zahlen schreiben.
So weit soll es nicht kommen. Das Parlament hatte Ende 2021 eine Reform verabschiedet. SP, Grüne und Gewerkschaften bekämpfen die Vorlage mit einem Referendum. Sie stören sich insbesondere an der Erhöhung des Frauen-Rentenalters, aber auch an der geplanten Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes.
Wichtiges Legislaturziel
Diese Schritte sind für fünf Parteien aber unumgänglich. Knapp einen Monat vor dem Urnengang stellte das Ja-Komitee am Freitag vor den Medien in Bern seine Argumente vor. Die Reform sei nötig und dringend, damit sich die finanzielle Situation der AHV nicht verschlechtere, lautete das Kernargument.
«Die Sicherung der Nachhaltigkeit der Altersvorsorge ist eine der Aufgaben, wenn nicht sogar die Aufgabe des Bundesparlaments», sagte Nationalrat Michel Matter (GLP/GE). Im Sorgenbarometer der Bevölkerung figuriere das Thema immer in den Top drei.
Der Handlungsbedarf sei unbestritten, hielt auch die Genfer FDP-Nationalrätin Simone de Montmollin fest. Bis 2050 werde die Zahl der Rentner um zwei Drittel gestiegen sein, während die Zahl der Erwerbstätigen gleichzeitig aufgrund der anhaltend niedrigen Geburtenrate sinken werde. Dies habe zur Folge, dass das Verhältnis zwischen Ausgaben und Einnahmen der ersten Säule nicht mehr im Gleichgewicht sei.
«Sehr faire» Kompensationsmassnahmen
Das Parlament habe einen Kompromiss aus Mehreinnahmen und Einsparungen gefunden, befinden die Befürworter. Nationalrätin Ruth Humbel (Mitte/AG) sprach von einer «breit abgestützten und gerechten Lösung». Die Renten würden gesichert und das Leistungsniveau erhalten.
Die Kompensationsmassnahmen für die Übergangsjahrgänge bezeichnete Humbel als «sehr fair». Betroffene Frauen erhielten zwischen 50 und 160 Franken pro Monat zusätzlich. Je tiefer das Einkommen einer Frau sei, desto höher werde der Rentenzuschlag, den sie lebenslänglich erhalten werde.
Laut den Befürwortern braucht es nach der AHV-Reform weitere Fortschritte, um das Rentenniveau der Frauen zu verbessern. Dazu zählte das Ja-Komitee beispielsweise die Reform der zweiten Säule oder der Kampf gegen Lohndiskriminierung. Die vorliegende AHV-Reform abzulehnen, werde jedoch in keinem dieser Bereiche zu Verbesserungen führen.
Flexiblere Lösungen
Auffallend oft im Argumentarium der Befürworter findet sich das Wort «Flexibilisierung». Die AHV werde modernisiert, indem das Sozialwerk flexibler gestaltet werde, heisst es etwa. Für ältere Arbeitnehmende, die auch nach dem 65. Geburtstag weiterarbeiten wollen, würde vieles erleichtert.
«Die Flexibilisierung des Rentenbezugs ermöglicht es Frauen mit Erwerbsunterbrüchen, aber auch Männern, fehlende Beitragsjahre nachzuholen und damit ihre Rente aufzubessern», sagte Nationalrätin Diana Gutjahr (SVP/TG). Die Pensionierung könne neu zwischen 63 und 70 Jahren frei gewählt werden. Und es könnten neu Teilrenten mit Teilaufschub bezogen werden.
Das Knowhow von Fachkräften bleibe damit länger erhalten, argumentierte auch Lilian Studer (EVP/AG) für die Flexibilisierung. «Im Vergleich zu heute sind das wesentliche Verbesserungen, welche klare Anreize setzen, länger zu arbeiten.» So könne künftig problemlos eine halbe AHV-Rente bezogen werden und gleichzeitig in einem 50-Prozent-Pensum weitergearbeitet werden.
Minimale Folgen für das Portemonnaie
Durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer werde jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Fortbestand der AHV beitragen, argumentierte das Ja-Komitee weiter. Die beiden Abstimmungen sind rechtlich miteinander verknüpft: Die Reform kann nur in Kraft treten, wenn beide Vorlagen angenommen werden.
Der Anstieg der Mehrwertsteuer werde «minimal» sein, sagte Matter. Beispielsweise stiegen die Ausgaben bei einem Einkauf von Grundnahrungsmitteln im Wert von hundert Franken um zehn Rappen.
Derzeit sieht es gut aus für die Befürworter. Die ersten Abstimmungsumfragen zeigten, dass eine Mehrheit der Reform zugestimmt hätte. Die Frauen sind aber kritischer zur Vorlage eingestellt als die Männer. (awp/mc/pg)