Galenica und Shop Apotheke greifen die Migros an

Marc Werner

Galenica-CEO Marc Werner. (Foto: Galenica)

Bern – Die Schweiz bekommt eine neue Online-Apotheke. Der Berner Gesundheitskonzern Galenica und Shop Apotheke Europe gehen eine strategische Partnerschaft ein und sagen so der Migros den Kampf an.

In einem Joint Venture werden die Geschäftsaktivitäten von Galenicas Spezialitätenapotheke Mediservice und der Online-Apotheke shop-apotheke.ch zusammengeführt. Es entstehe damit die «führende Online-Apotheke der Schweiz», heisst es in einer Medienmitteilung vom Donnerstag.

Dabei ergänzen sich die beiden Partner gut. Während Mediservice vor allem auf den Versand rezeptpflichtiger Medikamente fokussiert ist, liegt der Schwerpunkt der grössten europäischen Versandapotheke auf OTC- und Gesundheitsprodukten sowie Kosmetik.

Geht alles nach Plan und segnen die Wettbewerbsbehörden die Transaktion ohne Einspruch ab, wird der Vollzug noch im ersten Halbjahr 2023 erwartet.

Schritte nachvollziehbar
Im Detail sieht die Vereinbarung vor, dass Galenica 51 Prozent der Aktien von Mediservice an Shop Apotheke verkauft und eine zusätzliche Barzahlung von 29 Millionen Euro leistet. Im Gegenzug erhält Galenica im Rahmen einer Kapitalerhöhung eine Beteiligung von 8 Prozent an Shop Apotheke, deren Hauptsitz in den Niederlanden ist.

Für den CS-Analysten Lorenzo Biasio sind die Pläne durchaus nachvollziehbar. Immerhin sei Galenica sehr stark auf den Schweizer Markt fokussiert. «Da stösst man über kurz oder lang an eine Wachstumsgrenze,» sagte er im Gespräch mit AWP. Zumal der Schweizer Markt mit einem Plus von 2 bis 3 Prozent jährlich nur langsam wachse.

Durch die Beteiligung an der Shop Apotheke erhält Galenica zudem auch einen indirekten Zugang zum deutschen Markt. Dort dreht sich nach wie vor alles um die mögliche Umsetzung des E-Rezeptes. Während die Einführung bereits seit einer Weile beschlossen ist, hat es zuletzt immer wieder an der flächendeckenden Umsetzung gehapert. Sollte nun aber eine solche kommen, könnte Galenica durch die Beteiligung an dem erwarteten Wachstum partizipieren.

Doch auch in puncto Wettbewerbsfähigkeit würde sich de Schritt für beide Seiten lohnen, da Synergien etwa im Bereich Technologie/Online durch die starke Position von Shop Apotheke realisiert werden können. In der Logistik wiederum hat Mediservice eine starkes Netzwerk. Ausserdem könnte Galenica mit der Abspaltung von Mediservice auch die Profitabilität des verbleibenden Geschäftes etwas anschieben, merken Analysten an.

Luft nach oben
Laut Galenica wurden auf dem Schweizer Pharmamarkt im vergangenen Jahr etwas mehr als 7 Milliarden Franken Umsatz generiert. Davon entfielen nur gut 350 Millionen oder 5 Prozent auf den Versandhandel, wobei sich dieser in der Schweiz auf verschreibungspflichtige Medikamente beschränkt.

Die Transaktion kommt zeitlich zu einem spannenden Punkt: Erst vor gut einem Monat hatte die Shop-Apotheke-Rivalin Zur Rose angekündigt, ihr Schweizer Geschäft an den «orangen Riesen» Migros zu verkaufen, da sie sich auf das Deutschland-Geschäft fokussieren wolle. Das heute verkündete neue Joint-Venture tritt damit in direkten Konkurrenzkampf zu diesem ausgebauten Migros-Geschäft. Für den ZKB-Analysten Gian Marco Werro ist es eine gute Antwort auf den Zur Rose/Migros-Deal.

Wegen des mehrheitlichen Verkaufs von Mediservice hat Galenica die Zahlen für 2022 angepasst und vor allem auch den Ausblick für das laufende Jahr aktualisiert bzw. beim Betriebsgewinn etwas nach oben angepasst. (awp/mc/ps)

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