Philippe Gaydoul.
Bern – Nach Einschätzung von Denner-Erbe und Unternehmer Philippe Gaydoul hat der Detailhandel in der Schweiz den Frankenschock noch nicht überwunden. Er zeigt sich pessimistisch, ortet Panikstimmung im Markt und rechnet mit weiteren Konkursen.
«Der Frankenschock ist noch lange nicht ausgestanden. Sonst wären die Zahlen nicht so schlecht, wie sie sind», sagte Gaydoul in einem Interview, das am Montag im «Blick» erschien. Aussagen von Ökonomen, die das Gegenteil behaupteten, seien «nichts als Schönfärberei».
Der Schweizer Detailhandel habe das schlechteste Jahr seit 35 Jahren hinter sich. «Knapp zwei Milliarden Umsatz gingen verloren. Das ist happig.» Die Umsätze würden auch dieses Jahr «noch keinen Boden finden», sagte Gaydoul weiter. «Es wird weitere Konkurse geben.»
Er erhalte immer wieder Dossiers von Unternehmen, die einen Käufer suchten. «Viele haben geglaubt, wir hätten es nur mit einem vorübergehenden Unwetter zu tun, und nicht gemerkt, dass die Veränderungen tiefer gehen.» Bei vielen sei es aber bereits zu spät zum Handeln.
Die Ursachen des Unwetters seien aber nicht nur der Frankenstärke anzulasten, so der Denner-Erbe. Auch die Multis im Detailhandel stünden in der Verantwortung. Sie würden die Kundschaft mit überhöhten Preisen verschaukeln und zum Beispiel identische Produkte im Ausland um über 50% günstiger anbieten als in der Schweiz.
Die Panikstimmung im Markt lasse sich daran ablesen, dass internationale Modeketten beispielsweise die Preise zehn Tage vor Weihnachten um 70% heruntersetzten oder Waren im Ausverkauf für die Hälfte weggäben, um Liquiditätsprobleme zu beheben und «damit wenigstens etwas in der Kasse haben,» so Gaydoul. Die längerfristigen Folgen dieser Preispolitik seien immer mehr Ladenschliessungen.
Keine Hoffnung auf Politik
Der Eigentümer der Marken Navyboot und Jet Set sieht zudem Auswirkungen auf die gesamte Schweizer Wirtschaft: «Am Detailhandel hängen Hunderttausende von Arbeitsplätzen.» Wenn es dem Handel schlecht gehe, bekämen dies andere Branchen auch zu spüren: zum Beispiel die Landwirtschaft, das Transportgewerbe oder die Medien. Dennoch wäre es aus Gaydouls Sicht «falsch, auf Hilfe der Politik zu hoffen».
In Bezug auf die eigenen Unternehmen ortet Gaydoul ebenfalls Verbessrungspotenzial und räumt ein, dass auch die Marken Navyboot und Jetset unter der Krise leiden. Aufgrund diverser Massnahmen wie einer klaren Strategie und Kürzungen bei Managementgehältern um 20% sei er aber zuversichtlich, was die Zukunft der Modemarken angehe.
Ob die Unternehmen mittlerweile in der Gewinnzone seien, könne er zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht sagen. Auch weitere Zukäufe schliesst er trotz momentan tiefer Preise eher aus. «Ich sehe keinen Grund, mir einen Sanierungsfall anzuschnallen.» (awp/mc/ps)