Ein klares Ja zum Ausbau der Versorgung mit einheimischem Strom
Bern – Die Schweiz erhält Regeln, um mehr einheimische Energie aus Solar- und Windenergie zu gewinnen, und die Planung von 16 Wasserkraftanlagen wird vereinfacht. Das Stimmvolk hat sich deutlich hinter den Energie-Mantelerlass gestellt, mit 68,7 Prozent Ja-Stimmen.
Insgesamt legten rund 1’717’400 Stimmende gemäss den Ergebnissen aus den Kantonen ein Ja ein. Rund 781’800 lehnten die Vorlage ab. Die Stimmbeteiligung lag bei 44,8 Prozent. Die klare Zustimmung zum Energie-Mantelerlass – oft auch Stromgesetz genannt – hatte sich in den Abstimmungsumfragen abgezeichnet.
Ja in allen Kantonen
Bundesrat, Parlament, die grossen Parteien sowie wichtige Umweltverbände haben sich nun durchgesetzt. Die Fondation Franz Weber hatte die Vorlage mit dem Referendum bekämpft, zusammen mit einem Bündnis um den Neuenburger Pierre-Alain Bruchez und dem Verband Freie Landschaft Schweiz. Auch die SVP-Basis war dagegen.
Alle Kantonen sagten Ja, am deutlichsten Basel-Stadt mit 76,2 Prozent. Viel Zuspruch erhielt die Vorlage mit 75,2 respektive 73,5 auch aus Genf und der Waadt. Die geringste Unterstützung kam aus dem Kanton Schwyz mit 57 Prozent Ja sowie aus Innerrhoden mit 58,3 Prozent. Zürich sagte mit 72,2 Prozent Ja, Bern mit 70,8 Prozent.
Nein-Gemeinden gab es aber etliche, vorwiegend in ländlichen Regionen. Am wuchtigsten verwarf Mettembert JU den Mantelerlass – mit knapp 79 Prozent Nein. Dahinter folgte Wiliberg AG mit 75,3 Prozent Nein.
Die Befürworter sehen sich mit dem Ja bestätigt. Die Stimmbevölkerung fordere «unmissverständlich mehr sauberen Schweizer Strom», schrieb zum Beispiel der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Die FDP forderte von den Umweltverbänden, den Entscheid zu respektieren und sich mit Einsprachen zurückzuhalten.
Pochen auf Versprechen
Die Gegnerschaft machte geltend, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und damit die Energiewende auf Kosten von Natur und Landschaft gehe. Auch könnten demokratische Mitspracherechte verloren gehen.
Vera Weber von der Fondation Franz Weber pochte nun auf Versprechen der Befürworterseite – etwa, dass acht Prozent der Solarpanels auf Dächern installiert würden. Ebenso habe Energieminister Albert Rösti versprochen, dass die demokratischen Rechte der Gemeinden nicht angetastet würden.
Auch die SVP-Basis hatte ein Nein empfohlen. Die Partei will prüfen, ob der Zubau von erneuerbaren Energien zu teurerem Strom führe, wie der Berner Nationalrat Thomas Knutti sagte. Ein Auge haben will die SVP auch darauf, ob die von den Befürwortern genannte Maximalzahl von 150 bis 200 neu zu erstellenden Windrädern eingehalten werde.
Offene AKW-Frage
Aufs Tapet kommt nun auch wieder auch die Atomenergie-Frage. Es sei Zeit, einen Schlussstrich unter die Atomkraft zu ziehen, schrieb Greenpeace. Die Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» hingegen fordert eine Aufhebung des AKW-Bauverbots. Der Bundesrat hat noch nicht Stellung bezogen dazu.
Ziel des Energie-Mantelerlasses ist es, mehr einheimischen Strom zu gewinnen, die Stromversorgung im Winter abzusichern und weniger abhängig vom Ausland zu werden. Er gibt Mindestproduktionsmengen für Strom aus erneuerbaren Quellen vor. Der Import von Strom im Winter soll netto nicht höher als fünf Terawattstunden sein.
Die Vorlage regelt die Planung grosser Sonnenenergie- und Windkraftanlagen. In Eignungsgebieten, die die Kantone mit Rücksicht auf Natur- und Landschaftsschutz sowie die Landwirtschaft in den Richtplänen bezeichnen müssen, soll Energiegewinnung grundsätzlich Vorrang haben. Die Bevölkerung behält aber Mitspracherechte.
Auch will die Vorlage den Energie- und Stromverbrauch pro Kopf drosseln, und sie enthält Vorschriften für eine Wasserkraftreserve.
An Dächern und Fassaden
Der Bau kleiner Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden soll mit dem Stromgesetz ebenfalls vorankommen. Denn dort wird das grösste Potenzial für den Ausbau der Solarstrom-Produktion gesehen.
Auch die Wasserkraft wird erfasst: Für 16 in der Vorlage aufgelistete Aus- und Neubauten von Speicherwasserkraftwerken in den Bergen. Für sie gibt es planerische Erleichterungen und gegenüber heute weniger Mitsprachemöglichkeiten. (awp/mc/pg)