Genferin Lisa Mazzone präsidiert neu die Grünen Schweiz
Renens VD – Die Genferin Lisa Mazzone ist am Samstag in Renens VD einstimmig zur neuen Präsidentin der Grünen gewählt worden. Mit dem neuen Amt nimmt die Karriere der 36-Jährigen nach ihrer Abwahl aus dem Ständerat wieder Fahrt auf.
Das Polittalent Mazzone musste nach einer steilen Karriere im Oktober 2023 eine herbe Niederlage einstecken, als sie aus dem Parlament ausschied und stattdessen Carlo Sommaruga (SP) und der ehemalige Genfer Staatsrat Mauro Poggia (MCG) in den Ständerat gewählt wurden.
Aus Enttäuschung kündigt sie zunächst an, sich aus der Politik zurückzuziehen. «Es ist wie eine Narbe, man findet sie hässlich, aber dann gehört sie zu einem. Es geht darum zu sehen, wie man daraus eine Stärke und eine Ressource für die zukünftige Arbeit machen kann», sagte sie damals.
Offenbar fand die Genferin dafür einen Weg, denn bereits im Ende Januar liess Mazzone verlauten, dass sie für das frei werdende Amt von Grünen-Präsident Balthasar Glättli kandidiert. Konkurrentinnen und Konkurrenten stellten sich ihr keine in den Weg.
«Eigenen Garten pflegen» keine Option
Es sei nie ihre Absicht gewesen, mit der Politik aufzuhören, sagte Mazzone dann am Samstag nach ihrer Wahl in Renens VD gemäss Redetext. Sich aus der Welt zurückziehen, «um den eigenen Garten zu pflegen», sei keine Option. Weder für die Grünen noch für sie. Und auf gar keinen Fall jetzt.
Denn die Grünen brauche es im Zentrum der öffentlichen Debatte mehr denn je. Die Klimakrise sei eine Krise der Solidarität – eine Krise der Solidarität mit den künftigen Generationen und mit dem globalen Süden. «Jene, die die Folgen des Klimawandels besonders stark spüren, haben kaum je von der Nutzung fossiler Energien profitiert», sagte Mazzone zu den Anwesenden.
«Wir haben die Verantwortung, uns einzubringen, mitzugestalten. Wir haben Zukunftslust. Wir wollen die Welt verändern, sie gerechter, nachhaltiger und glücklicher machen», verkündete die neue Präsidentin. Auch in der Schweiz brauche es mehr Solidarität. Hier täten sich Ungleichheiten gefährlich auf. Zu viele Kinder wüchsen im reichen Land in Armut auf.
Sie wolle sowohl Errungenschaften verteidigen als auch eine «tiefgreifende Wende» verwirklichen. Es sei die Arbeit der Grünen, die progressiven Kräfte des Wandels zusammenzubringen und die Schweiz zu gestalten, sagte die neue Präsidentin.
Präsidentin ohne Sitz im Bundeshaus
Lisa Mazzone ist nun eine Präsidentin ohne Sitz im Bundeshaus. Das sei zwar ungewöhnlich, aber nichts, was man nicht kompensieren könne, sagte der Genfer Politologe Nenad Stojanovic der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es bedeute aber einen Mehraufwand, etwa weil Mazzone im ständigen Kontakt mit der Parlamentsfraktion sein müsse.
In gewissen Punkten könnte es laut dem Politologen aber auch ein Vorteil sein. «Man ist dadurch freier, sich über gewisse Themen zu äussern», sagte Stojanovic. Im Parlamentsbetrieb sei man unter Umständen in gewissen Themen gebremst, etwa weil man als Kommissionsmitglied an das Kollegialitätsprinzip gebunden sei.
Bei den grossen Parteien wurde zuletzt im Jahr 1997 eine Politikerin ohne Platz im Bundeshaus zur Parteipräsidentin gewählt: Die Zürcher SP-Stadträtin Ursula Koch, die erste Präsidentin der SP-Schweiz. Betrachtet man auch die kleineren Parteien, ist neben Mazzone noch eine zweite Parteipräsidentin ohne Bundeshaus-Mandat: Die EVP-Präsidentin und ehemalige Nationalrätin Lilian Studer, die bei den Wahlen im Herbst 2023 ebenfalls nicht mehr gewählt wurde.
Glättli trat nach Wahlschlappe zurück
Lisa Mazzone tritt nun die Nachfolge von Balthasar Glättli an, der im November 2023 seinen Rücktritt als Präsident der Grünen Partei bekannt gab. Er zog damit die Konsequenzen aus der Wahlschlappe seiner Partei, die bei den eidgenössischen Wahlen 3,4 Prozent an Wähleranteil verloren hatten.
An der Versammlung vom Samstag wurde Glättli als Präsident verabschiedet und für seine «gefühlt eine Million Ideen am Tag» und die «unglaubliche Energie» gewürdigt, wie dem Kurznachrichtendienst X zu entnehmen war. Er habe das Amt des Präsidenten «mit tief verankerten grünen Werten im Herzen und klaren Vorstellungen einer nachhaltigen Politik» geführt, schrieben die Grünen – stets mit Respekt für andere Meinungen und der Lust, zu diskutieren. (awp/mc/ps)