Steigende Gesundheitskosten dürften weiteres Prämienplus bedeuten
Liebefeld – Die Kosten im Gesundheitswesen wachsen ungebrochen. Nach einem Plus von 2,6 Prozent im Jahr 2022 hat es im ersten Quartal 2023 einen Anstieg von 3,4 Prozent gegeben. Das sind schlechte Neuigkeiten für die Versicherten: Die Prämien dürften auch per 2024 erhöht werden.
Das war das Fazit eines Mediengesprächs des Bundesamts für Gesundheit (BAG) am Donnerstag in Bern. «Die Prämien folgen den Kosten. Steigende Kosten werden auch zu steigenden Prämien führen», sagte Thomas Christen, stellvertretender BAG-Direktor.
Zwar sei es zu früh, konkrete Schlüsse für die bevorstehende Prämienrunde zu ziehen. Aber verschiedene Anhaltspunkte liessen darauf schliessen, dass es zu einem weiteren Prämienanstieg kommen werde.
In den vergangenen Jahren hätten die Versicherer den Prämienanstieg mit vorhandenen Reserven dämpfen können, sagte Christen. Dies werde nun kaum mehr möglich sei. «Es gibt keinen Spielraum mehr, um abzufedern.»
Weniger Reserven
Grund dafür ist laut dem BAG, dass die Krankenversicherer wegen der hohen Verluste im vergangenen Jahr auf die Reserven zurückgreifen mussten. Aktuell gebe es noch 8,5 Milliarden Franken an vorhandenen Reserven, sagte Christen. Das sei zwar nicht beunruhigend, aber das Polster sei weg.
Die Gesundheitskosten stiegen 2022 mit 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr etwas stärker als von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) prognostiziert, waren aber im Schnitt der vergangenen Jahre, wie das BAG weiter mitteilte.
Die Analyse der Bruttoleistungen pro versicherte Person zeigt, dass es im Jahr 2022 insbesondere einen überdurchschnittlichen Anstieg bei den Laboranalysen der Ärzte, den ambulanten Spitalaufenthalten, den Apotheken, den Medikamenten, den Pflegeheimen, den Physiotherapeutinnen und den Spitex-Organisationen gab.
Mehr Kassenwechsel
Ein Grund für den Kostenanstieg ist weiterhin die Corona-Krise. Die pandemiebedingten Gesundheitskosten der Krankenversicherer betrugen im vergangenen Jahr rund 450 Millionen Franken, etwa drei Viertel davon entfielen auf die stationäre Behandlung von Covid-19-Patienten, wie die Auswertung des Bundes zeigt.
Auffallend sei zudem, dass aufgrund der im vergangenen Jahr angekündigten durchschnittlichen Prämienerhöhung von über 6 Prozent rund doppelt so viele Personen als normal ihre Krankenkasse gewechselt hätten, sagte Christen. Durch die Erhöhung der Franchise und der freiwilligen Einschränkung der Wahl des Leistungserbringers werde der Prämienanstieg im laufenden Jahr real wohl etwas weniger hoch ausfallen als prognostiziert.
Damit sinken die Einnahmen der Krankenkassen. Weil die Kosten derweil weiter steigen, ist laut dem BAG ein «leichter Nachholeffekt» zu erwarten.
Verschiedene Vorlagen in Diskussion
Die Politik versucht seit Jahren, den steigenden Gesundheitskosten entgegenzuwirken. Ein Teil der Kostenerhöhung ist durch die Demografie und den medizinischen Fortschritt erklärbar. Jedoch gibt es auch einen medizinisch nicht gerechtfertigten Teil des Anstiegs.
Der Bund senkte in den vergangenen Jahren die Labortarife und überprüft weiterhin regelmässig die Medikamentenpreise. Verschiedene weitere Kostendämpfungsmassnahmen sind im Parlament in Diskussion, beispielsweise verbindliche Kostenziele sowie ein Ausbau der Prämienverbilligungen.
Es bleibe eine Daueraufgabe, die Gesundheitskosten einzudämmen, sagte Christen. Auf die Anmerkung einer Journalistin, wonach die Politik in diesem Bereich seit längerem versage, sagte Christen, dass er die Situation nicht so negativ sehe. Es gelte aber, dranzubleiben. (awp/mc/pg)