Bern – Das Schweizer Gesundheitswesen wird jedes Jahr teurer, damit steigen auch die Prämien. Ein Grund ist der medizinische Fortschritt, die wachsende Zahl ärztlicher Leistungen ein anderer. Der Mengenausweitung will Gesundheitsminister Alain Berset einen Riegel schieben.
Einen Hebel hat Berset mit der Revision des Ärztetarifs Tarmed. Falls sich die Tarifpartner nicht einigen können, kann er Änderungen anordnen. Berset hat bereits angekündigt, bei jenen Leistungen von Spezialärzten ansetzen zu wollen, die mengenmässig aus dem Ruder laufen.
Er will aber noch weiter gehen. Am Freitag kündigte der Gesundheitsminister an, ausländische Modelle zur Steuerung des Mengenwachstums prüfen zu wollen. Gemäss einer Mitteilung stehen Deutschland und die Niederlande im Vordergrund.
Die Niederlande beispielsweise haben ein stark zentralisiertes Gesundheitssystem, das aber den Wettbewerb begünstigt. Es gilt Vertragsfreiheit. Das heisst, dass die Krankenkassen nicht die Leistungen aller Ärzte vergüten müssen. Zudem ist der Risikoausgleich in den Niederlanden differenzierter. Das gleiche gilt für Deutschland, wo auch die einzelnen Fälle enger geführt werden.
Expertengruppe an der Arbeit
Berset hat eine Expertengruppe eingesetzt, die vor allem aus Fachleuten aus den beiden europäischen Ländern besteht. Innerhalb eines Jahres will er konkrete Vorschläge präsentieren. Der Gesundheitsminister hat aber auch Erwartungen an die anderen Akteure im Gesundheitswesen.
Die Kantone haben über die Ärzte-Zulassung und die Spitalplanung Einfluss auf die Kosten. Die Krankenkassen sind Partei in den Tarifverhandlungen und verantwortlich für die Kostenkontrolle. Die Leistungserbringer schliesslich ruft Berset dazu auf, ihren Teil zur Verabschiedung eines neuen Ärztetarifs zu leisten und angemessene Behandlungen durchzuführen.
Druck auf Medikamentenpreise
In einer Mitteilung vom Freitag erinnert Bersets Innendepartement (EDI) auch an die bereits eingeleiteten Massnahmen zur Dämpfung der Gesundheitskosten. Unter anderem sollen die Medikamentenpreise weiter gesenkt, die Vergütungen für medizinische Mittel angepasst und die Behandlungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Bei den Generika will der Gesundheitsminister ein Referenzpreissystem einführen und die Vertriebsmarge nicht kassenpflichtiger Medikamente senken.
Das EDI zeigt auch auf, wo die Kosten am stärksten steigen: Zwischen 2009 und 2015 ist die Zahl der Konsultationen in den Arztpraxen etwa unverändert geblieben, die Kosten sind aber um 28 Prozent gewachsen. Im spital-ambulanten Bereich sind die Kosten um 34% gewachsen, aber auch die Zahl der Behandlungen ist stark angestiegen. Die Kosten pro Konsultation haben sich kaum verändert. In den Spitälern sind die Kosten ebenfalls gestiegen, jedoch auch die Zahl der betagten Patientinnen und Patienten. (awp/mc/upd/ps)