Gewerkschaften pochen auf Lohnerhöhungen auf dem Bau
Bern – Trotz boomender Baubranche verharren die Löhne der Bauarbeiter seit 2014 an Ort und Stelle. Dabei müssen sie heute mehr leisten als je zuvor. Das müsse sich dringend ändern, fordern die Gewerkschaften Unia und Syna am Freitag an einer Medienkonferenz in Bern.
Der Baubranche gehe es prächtig und doch weigere sich der Baumeisterverband mehr Lohn für Bauarbeiter zu zahlen, kritisiert Nico Lutz von der Gewerkschaft Unia. Es stehe noch nicht mal ein konkreter Vorschlag bereit. Dabei hätten die Bauarbeiter eine Lohnerhöhung verdient. «Es stehen so viele Kräne in der Schweiz wie nie zuvor», sagte Lutz. Nach einem leichten Rückgang habe sich die Bautätigkeit nun wieder deutlich belebt. Die Umsätze seien geradezu explodiert, während die Zahl der Bauarbeiter leicht rückläufig sei.
Mit weniger Personal werde heute mehr geleistet. Von dieser gestiegenen Profitabilität würden bislang ausschliesslich die Bauunternehmen profitieren. Für die Angestellten bedeute dies nur mehr Druck und Tempo bei der Arbeit. Heute sollte der Rohbau fast schon fertig sein, bevor die Bodenplatte betoniert ist, so Lutz.
Die Bauarbeiter seien stinksauer, so Lutz. Am Samstag wollen sie in Olten und Lausanne ihren Forderungen Ausdruck verleihen und gehen gemeinsam auf die Strasse.
Immer weniger Geld im Portemonnaie
Von Seiten der Baumeister höre man oft, sie würden branchenübergreifend die besten Löhne zahlen. Das stimme in Bezug auf die vertraglich vereinbarten Mindestlöhne, sagte Lutz. Doch der Vergleich sei irreführend. Denn die Differenz zwischen dem Mindestlohn und dem effektiv bezahlten Lohn ist im Bauhauptgewerbe viel kleiner als in anderen Branchen.
So betrage der in der Schweiz bezahlte mittlere Lohn 6427 CHF (Stand 2014). Ein Bauarbeiter verdiene im Schnitt 5735 CHF. Gleichzeitig sähen sich die Angestellten mit höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert, sagt Guido Schluep, Branchenleiter Bau bei der Gewerkschaft Syna.
Die Reallöhne seien in der Schweiz seit 2007 zwar um 8% gestiegen. Allerdings hinke diese Entwicklung dem Index der Wohnungsmieten hinterher. Die Mieten hätten in der gleichen Zeit nämlich um 12% zugelegt, was vor allem für tiefere Einkommen schmerzlich sei.
Noch schwieriger seien die höheren Kosten bei den Krankenkassen finanziell zu verkraften. Die Krankenkassenprämien sind laut Schluep im selben Zeitraum um fast 44% gestiegen und damit regelrecht explodiert. Zudem ziehe die Teuerung in der Schweiz wieder an. Das wirke sich besonders auf Familien mit tieferen Einkommen aus.
150 Franken mehr Lohn gefordert
Angesichts dieser Entwicklungen fordern die Gewerkschaften für dieses und nächstes Jahr eine Lohnerhöhung von 150 CHF. Zudem sollen die Baumeister die Mittagszulagen von bisher 16 CHF erhöhen und einen Beitrag an die Krankenkassen leisten.
Das können sich laut Lutz die Baumeister leisten. So hätte eine Baufirma im Jahr 2015 pro Bauarbeiter im Schnitt 9000 CHF Gewinn erzielt. Bei einem Anstieg der Löhne um 150 CHF pro Monat würden immer noch 7000 CHF pro Bauarbeiter für die Arbeitgeber übrig bleiben, argumentierte Co-Leiter Bau Serge Gnos von der Unia.
Und auch in Zukunft dürfte es im Schweizer Baugewerbe florieren. Die Arbeitsvorräte haben laut Gnos mit 13,8 Mrd CHF einen Höchststand erreicht. Die Bücher seien also prall gefüllt. Der positive Ausblick werde auch von der Branche selbst bestätigt: Laut einer Umfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) würden die Baufirmen im nächsten Jahr mit einer noch besseren Lage rechnen.
Baumeisterverband sieht wenig Spielraum
Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) dürften schwierig werden. Der SBV habe die Forderungen der Gewerkschaften zur Kenntnis genommen, sagte Mediensprecher Matthias Engel auf Anfrage.
Angesichts des bereits hohen Lohnniveaus und der unsicheren Marktperspektiven sehe der Verband derzeit wenig Spielraum für Lohnerhöhungen. Zudem sei der Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) der arbeitnehmerfreundlichste Gesamtarbeitsvertrag für Handwerker in der Schweiz.
Er umfasse unter anderem Leistungen wie 5500 Franken Mindestlohn für ausgebildete Maurer und Strassenbauer. Dies bei 13 Monatslöhnen, 40,5-Stundenwoche und fünf Wochen Ferien. Der LMV gilt noch bis Ende 2018. Die Sozialpartner würden derzeit am Verhandlungstisch gemeinsam nach Lösungen suchen. Am Montag finde eine solche Lohnverhandlung statt. Der SBV werde in den kommenden Wochen über die Resultate informieren. (awp/mc/pg)