Baar – Der seit rund einem halben Jahr amtierende Chef des Rohstoffkonzerns Glencore will den Kurs seines Vorgängers Ivan Glasenberg fortsetzen. «Das Unternehmen steht gut da. Wandel um des Wandels willen machen wir nicht», sagte Gary Nagle im Interview mit der «NZZ» (Ausgabe, 21.12.2021).
Glencore hält etwa trotz Kritik auch aus den Reihen ihrer Aktionäre am Kohlegeschäft fest. «Es ist breit akzeptiert, dass Kohle bei der Umstellung des globalen Energiesystems noch benötigt wird», begründet Nagle dies. Vor allem Schwellenländer seien in der Stromproduktion weiter davon abhängig.
«Wir sind aber der festen Überzeugung, dass Kohle über die Zeit aus dem Energiemix verschwinden wird», fuhr Nagle fort. Glencore habe sich im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen dazu verpflichtet, das Kohlegeschäft schrittweise auslaufen zu lassen.
«Grüner» werden
Weiter will Glencore bis 2050 ein Unternehmen mit netto null Gesamtemissionen sein. Bis 2026 soll der gesamte Kohlenstoffausstoss um 15 Prozent gegenüber 2019 und bis 2035 um 50 Prozent reduziert werden. Dabei würden die Kohleanlagen auf verantwortungsvolle Art heruntergefahren und geschlossene Minen renaturiert, verspricht Nagle.
«Wichtig ist, dass wir die Erträge aus dem Kohlegeschäft weiterhin in die Rohstoffe der Zukunft investieren wie Kupfer, Kobalt und Nickel», fuhr Nagle fort. Diese Rohstoffe seien das Rückgrat der Dekarbonisierung. Dagegen spielten die fossilen Brennstoffe künftig eine immer weniger wichtige Rolle in der Strategie des Konzerns.
Tiefe Bewertung
Der Kurs der an der Londoner Börse gehandelten Glencore-Aktien liegt nach wie vor unter dem Ausgabepreis beim Börsengang 2011. «Ich bin der Meinung, dass Glencore unterbewertet ist. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Investoren nicht glauben, dass die Rohstoffpreise so hoch bleiben werden», glaubt Nagle. Die Nachfrage nach Rohstoffen dürfte aber für längere Zeit hoch bleiben.
Glencore könnte auch zu einem Übernahmekandidaten werden. «Wir haben ein einzigartiges Geschäftsmodell und sind bei den Rohstoffen der Zukunft stark involviert. Es gibt deshalb keinen Grund dafür, dass wir in dieser Situation kein Übernahmekandidat sind», sagte Nagle dazu. Die Aktionäre würden aber sicher einen höheren Preis als den heutigen verlangen. (awp/mc/ps)